Obwohl Cholesterin oft in einem schlechten Licht dargestellt wird, übernimmt es eine entscheidende Aufgabe in unserem Körper und ist essentiell für unsere Gesundheit. Es hilft bei der Zellbildung, unterstützt die Funktion von Zellmembranen und spielt eine Schlüsselrolle bei der Produktion von Hormonen, Vitamin D und Gallensäuren, die für die Verdauung von Fetten benötigt werden. Die gängige Meinung, dass Cholesterin grundsätzlich schlecht sei, ist also definitiv ein Missverständnis.
Allerdings ist nicht jedes Cholesterin gleich. Probleme entstehen allerdings, wenn die Cholesterinwerte im Blut ungleichmäßig verteilt sind.
Um das zu verstehen, müssen wir uns kurz mit den Begriffen „gutes“ und „schlechtes“ Cholesterin auseinandersetzen. Das „gute“ Cholesterin, auch bekannt als HDL (High-Density Lipoprotein), hilft dabei, überschüssiges Cholesterin aus den Zellen zurück zur Leber zu transportieren, wo es abgebaut und aus dem Körper ausgeschieden wird. Es wirkt quasi wie ein Reiniger für unser Blut und unsere Gefäße. Das „schlechte“ Cholesterin hingegen, bekannt als LDL (Low-Density Lipoprotein), kann sich in den Arterien ablagern und so zu Ablagerungen und Verstopfungen führen, wenn es in zu hoher Menge vorhanden ist. Daher ist es wichtig, ein gutes Gleichgewicht zwischen HDL und LDL zu halten.
Unser Körper produziert Cholesterin selbst, hauptsächlich in der Leber, und das in ausreichender Menge. Dieser Prozess, auch als De-novo-Synthese bezeichnet, liefert etwa 700 bis 900 mg Cholesterin pro Tag. Darüber hinaus nehmen wir täglich zwischen 300 und 500 mg Cholesterin über die Nahrung auf. Allerdings ist dies nicht zwingend notwendig, da der Körper den Großteil des benötigten Cholesterins selbst herstellt. Eine übermäßige Aufnahme von Cholesterin über die Nahrung kann jedoch gesundheitsschädlich sein, insbesondere wenn der Körper eine Neigung hat, hohe Mengen an LDL-Cholesterin zu produzieren.1Gunness P, Gidley MJ. Mechanisms underlying the cholesterol-lowering properties of soluble dietary fibre polysaccharides. Food Funct. 2010;1(2):149–155. doi: 10.1039/c0fo00080a.
Es ist wichtig zu beachten, dass Cholesterin nur in tierischen Produkten vorkommt. Pflanzliche Produkte enthalten zwar cholesterinähnliche Substanzen, diese haben jedoch eine andere Struktur und können sogar die Aufnahme von Cholesterin in das Blut hemmen. Daher ist eine ausgewogene Ernährung, die sowohl pflanzliche als auch tierische Produkte beinhaltet, der Schlüssel zur Aufrechterhaltung eines gesunden Cholesterinspiegels.
Trotzdem gibt es viele Menschen, bei denen das Gleichgewicht zwischen „gutem“ und „schlechtem“ Cholesterin gestört ist und die einen hohen Cholesterinspiegel haben. Dies kann zu einer Ansammlung von Cholesterin in den Arterien führen und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. In Deutschland zum Beispiel haben laut der Studie zur Gesundheit Erwachsener (DEGS1) 56,6 % der Männer und 60,5 % der Frauen einen erhöhten Cholesterinspiegel.
Obwohl Cholesterin eine wichtige Rolle für den menschlichen Organismus spielt, muss seine Menge im Körper gut reguliert werden. In den folgenden Abschnitten wird die Rolle des „guten“ HDL-Cholesterins und des „schlechten“ LDL-Cholesterins weiter beleuchtet. Zudem werden wir genauer auf die Zielwerte in Abhängigkeit des individuellen Risikoprofils eingehen. Die Empfehlungen orientieren sich dabei an der Leitlinie der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS) zum Management von Fettstoffwechselstörungen2Mach, F., Baigent, C., Catapano, A. L., Koskinas, K. C., Casula, M., Badimon, L., Chapman, M. J., De Backer, G. G., Delgado, V., Ference, B. A., Graham, I. M., Halliday, A., Landmesser, U., Mihaylova, B., Pedersen, T. R., Riccardi, G., Richter, D. J., Sabatine, M. S., Taskinen, M. R., Tokgozoglu, L., … ESC Scientific Document Group (2020). 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk. European heart journal, 41(1), 111–188. https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehz455.. Zusätzlich gehen wir auf die allgemeine Bedeutung von Blutfettwerten und deren Zusammenhang mit dem kardiovaskulären Risiko sowie die Bedeutung regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen ein.
Cholesterin ist nicht gleich Cholesterin
Cholesterin ist ein wichtiger Bestandteil unseres Körpers und spielt eine entscheidende Rolle bei verschiedenen Körperfunktionen. Allerdings gibt es verschiedene Arten von Cholesterin, und es ist entscheidend, diese Unterschiede zu verstehen, um ihre jeweiligen Auswirkungen auf unsere Gesundheit einschätzen zu können. In diesem Kapitel betrachten wir die zwei Hauptformen von Cholesterin – das „gute“ HDL-Cholesterin und das „schlechte“ LDL-Cholesterin – und erforschen ihre individuellen Funktionen und Auswirkungen auf den Körper.
„Gutes“ HDL-Cholesterin: Der natürliche Reiniger
High-Density-Lipoprotein (HDL) ist oft als das „gute“ Cholesterin bekannt, und das aus gutem Grund. HDL-Cholesterin-Transportteilchen weisen eine höhere Dichte (1,063–1,200 g/ml) und eine kleinere Größe (7–13 nm) als ihr LDL-Gegenstück auf. Das macht sie zu den kleinsten und dichtesten Lipoproteinen des menschlichen Körpers.
Die Hauptfunktion von HDL-Cholesterin besteht darin, überschüssiges Cholesterin aus den Geweben und Arterien zu entfernen und es zurück zur Leber zu transportieren, wo es entweder ausgeschieden oder zu anderen wichtigen Substanzen umgewandelt wird.3Huff T, Boyd B, Jialal I. Physiology, Cholesterol. [Updated 2023 Mar 6]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2023 Jan-. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK470561/.. Dieser Prozess wird als „Reverse Cholesterol Transport“ bezeichnet und hilft, die Ansammlung von Cholesterin in den Arterien zu verhindern.
HDL sammelt nicht nur das überschüssige Cholesterin auf, es hat auch antioxidative, entzündungshemmende, antithrombotische und antiapoptotische Eigenschaften. Diese Eigenschaften tragen dazu bei, dass HDL eine potenziell anti-atherogene Wirkung hat, d. h., dass es mit einer verminderten Gefahr der Entwicklung von Atherosklerose verbunden ist – eine Krankheit, die durch die Ansammlung von Cholesterin in den Arterien gekennzeichnet ist und zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen kann4Feingold KR. Introduction to Lipids and Lipoproteins. [Updated 2021 Jan 19]. In: Feingold KR, Anawalt B, Blackman MR, et al., editors. Endotext [Internet]. South Dartmouth (MA): MDText.com, Inc.; 2000-. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK305896/.. In diesem Sinne könnte das „H“ in HDL tatsächlich auch für „hilfreich“ stehen, da es mit einem geringeren Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen in Verbindung gebracht wird.
HDL spielt eine entscheidende Rolle als natürlicher Reiniger unseres Körpers, indem es hilft, überschüssiges Cholesterin zu entfernen und somit das Gleichgewicht unseres Cholesterinspiegels zu bewahren. Das HDL-Cholesterin wird daher oft als „gutes“ Cholesterin bezeichnet, weil es dazu beiträgt, die Arterien sauber zu halten und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen5März, W., Kleber, M. E., Scharnagl, H., Speer, T., Zewinger, S., Ritsch, A., Parhofer, K. G., von Eckardstein, A., Landmesser, U., & Laufs, U. (2017). HDL cholesterol: reappraisal of its clinical relevance. Clinical research in cardiology : official journal of the German Cardiac Society, 106(9), 663–675. https://doi.org/10.1007/s00392-017-1106-1..
„Schlechtes“ LDL-Cholesterin: Der potenzielle Übeltäter
Low-Density-Lipoproteine (LDL), im Volksmund als „schlechtes“ Cholesterin bekannt, sind im Gegensatz zu HDL größer (21–27 nm), haben aber eine niedrigere chemische Dichte (1,019–1,063 g/ml)f6German, J. B., Smilowitz, J. T., & Zivkovic, A. M. (2006). Lipoproteins: When size really matters. Current opinion in colloid & interface science, 11(2-3), 171–183. https://doi.org/10.1016/j.cocis.2005.11.0066.. Ihre Hauptfunktion besteht darin, das Cholesterin von der Leber in die Zellen zu transportieren. Doch wenn der LDL-Spiegel im Blut zu hoch ist, können sich LDL-Partikel aufgrund ihrer Neigung zur Oxidation in den Wänden der Blutgefäße ablagern. Diese Ablagerungen, oft als „Plaques“ bezeichnet, fördern die Entwicklung von Arteriosklerose oder Arterienverkalkung.
Besonders gefährlich wird dies, wenn zusätzliche Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Tabakkonsum, Diabetes, Adipositas oder Bewegungsmangel vorhanden sind7Rafieian-Kopaei, M., Setorki, M., Doudi, M., Baradaran, A., & Nasri, H. (2014). Atherosclerosis: process, indicators, risk factors and new hopes. International journal of preventive medicine, 5(8), 927–946. 8Ravnskov, U., de Lorgeril, M., Diamond, D. M., Hama, R., Hamazaki, T., Hammarskjöld, B., Hynes, N., Kendrick, M., Langsjoen, P. H., Mascitelli, L., McCully, K. S., Okuyama, H., Rosch, P. J., Schersten, T., Sultan, S., & Sundberg, R. (2018). LDL-C does not cause cardiovascular disease: a comprehensive review of the current literature. Expert review of clinical pharmacology, 11(10), 959–970. https://doi.org/10.1080/17512433.2018.1519391.. Im Laufe der Zeit können diese Plaques die Blutgefäße immer mehr einengen, was zu Durchblutungsstörungen führt. Sollte die Deckplatte einer Plaque aufbrechen, entsteht ein Blutgerinnsel, das das betroffene Blutgefäß teilweise oder vollständig verschließen kann. Solche Ereignisse können schwerwiegende gesundheitliche Folgen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall auslösen, je nachdem, welches Gefäß betroffen ist.
Darum sind hohe LDL-Werte ein ernstzunehmender Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, den es zu vermeiden gilt9Soran, H., Dent, R., & Durrington, P. (2017). Evidence-based goals in LDL-C reduction. Clinical research in cardiology : official journal of the German Cardiac Society, 106(4), 237–248. https://doi.org/10.1007/s00392-016-1069-7.. Dabei ist es wichtig zu bemerken, dass LDL-Partikel beim Menschen keine Normalverteilung aufweisen und aus zwei Hauptfraktionen bestehen: großen, schwimmfähigen Partikeln (Phänotyp-Muster A) und kleinen, dichten Partikeln (Phänotyp-Muster B). Die beiden Fraktionen unterscheiden sich nicht nur in Größe und Dichte, sondern auch in ihrer physikalisch-chemischen Zusammensetzung, ihrem Stoffwechselverhalten und ihrer Atherogenität10Rizzo, M., & Berneis, K. (2006). Should we measure routinely the LDL peak particle size?. International journal of cardiology, 107(2), 166–170. https://doi.org/10.1016/j.ijcard.2005.02.035.. Hierbei sind kleine, dichte LDL-Partikel tendenziell atherogener als ihre größeren Gegenstücke11Ivanova, E. A., Myasoedova, V. A., Melnichenko, A. A., Grechko, A. V., & Orekhov, A. N. (2017). Small Dense Low-Density Lipoprotein as Biomarker for Atherosclerotic Diseases. Oxidative medicine and cellular longevity, 2017, 1273042. https://doi.org/10.1155/2017/1273042..
Der Phänotyp B, gekennzeichnet durch ein Überwiegen von kleinen, dichten LDL-Partikeln, steht mit einer Reihe von Erkrankungen wie Stoffwechselstörungen, Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes in Verbindung. Darüber hinaus ist er als Risikofaktor für koronare Herzerkrankungen bekannt und wird mit erhöhten Plasma-Triglyceridspiegeln, vermindertem HDL-Cholesterin und hoher Leber-Lipaseaktivität in Verbindung gebracht. Daher sind die LDL-Cholesterin-Werte und ihre Zusammensetzung wichtige Gesundheitsmarker, auf die man achten sollte.
HDL-Cholesterin: Wann ist der Wert zu niedrig?
HDL-Cholesterin hat den Ruf, das ‚gute‘ Cholesterin zu sein, da es überschüssiges Cholesterin aus dem Blutkreislauf in die Leber transportiert, wo es abgebaut und aus dem Körper ausgeschieden wird. Doch es gibt Fälle, in denen der HDL-Wert zu niedrig sein kann. Aber wann genau ist das der Fall, und was bedeutet das für die Gesundheit?
Identifikation eines niedrigen HDL-Spiegels
Bislang wurden in klinischen Studien keine spezifischen Ziele für HDL-Cholesterinwerte festgelegt, obwohl ein Anstieg des HDL eine Rückbildung der Atherosklerose vorhersagt und ein niedriger HDL-Cholesterinwerte bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) mit einer erhöhten Zahl von Ereignissen und einer höheren Sterblichkeit einhergeht.
Allerdings werden HDL-Werte zwischen 40 und 60 mg/dl als wünschenswert interpretiert12Bailey A, Mohiuddin SS. Biochemistry, High Density Lipoprotein. [Updated 2022 Sep 26]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2023 Jan-. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK549802/.. Liegen die Werte < 40 mg/dl, ist von einem niedrigen HDL-Cholesterinspiegel die Rede. In Europa wird davon ausgegangen, dass ein HDL-Cholesterinwert ≤ 40 mg/dL bei Männern und ≤ 45 mg/dL bei Frauen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht13Kim, H. J., Park, H. A., Cho, Y. G., Kang, J. H., Kim, K. W., Kang, J. H., Kim, N. R., Chung, W. C., Kim, C. H., Whang, D. H., & Park, J. K. (2011). Gender Difference in the Level of HDL Cholesterol in Korean Adults. Korean journal of family medicine, 32(3), 173–181. https://doi.org/10.4082/kjfm.2011.32.3.173.. Dabei können sehr niedrige Werte – unter 20 mg/dl – Hinweis auf ernsthafte gesundheitliche Probleme sein. HDL-Cholesterinwerte ≥ 60 mg/dl werden als hoch eingestuft 14Lee Y, Siddiqui WJ. Cholesterol Levels. [Updated 2022 Jul 25]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2023 Jan-. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK542294/..
Niedrige HDL-Werte: Ursachen und Risikofaktoren
Genetische Veranlagung und Lebensstil sind entscheidende Faktoren, die einen niedrigen HDL-Cholesterinspiegel bedingen können. Die Vererbung eines niedrigen HDL-Cholesterinspiegels liegt in 40–60 % der Fälle vor. Doch diese genetische Komponente ist vielschichtig: sie kann entweder auf einem einzigen Gen (monogen), rein auf Umweltfaktoren basieren oder – wie in den meisten Fällen – auf einer Kombination vieler Gene (polygen), Umweltfaktoren und deren Wechselwirkungen (multifaktoriell) beruhen.
Lebensstilfaktoren, die auch maßgeblich zur Entstehung vieler Zivilisationskrankheiten beitragen, spielen eine große Rolle bei der Bestimmung des HDL-Werts. Besonders Menschen mit Hypertriglyceridämie, Adipositas, Insulinresistenz und Diabetes weisen oft niedrige HDL-Cholesterinspiegel auf. Weitere Faktoren, die in Verbindung mit einem niedrigen HDL-Cholesterinspiegel stehen, sind Geschlecht, Alter, Rauchen, Alkoholkonsum, Ernährung, körperliche Aktivität und die Verwendung bestimmter Medikamente wie Steroide, Niacin, Statine und Fibrate. Auch bestimmte Stoffwechselstörungen wie Insulinresistenz und Lebererkrankungen können die HDL-Cholesterinwerte beeinflussen.
Insbesondere Adipositas, gemessen am Body-Mass-Index (BMI), korreliert stark mit verringerten HDL-Spiegeln. Eine Gewichtsreduktion führt i. d. R. zu einem Anstieg der HDL-Konzentration – für jedes verlorene Kilogramm steigt der HDL-Wert um 0,35 mg/dl.15Schaefer, E. J., Anthanont, P., Diffenderfer, M. R., Polisecki, E., & Asztalos, B. F. (2016). Diagnosis and treatment of high density lipoprotein deficiency. Progress in cardiovascular diseases, 59(2), 97–106. doi:10.1016/j.pcad.2016.08.006..
Menschen mit extrem niedrigem HDL-Cholesterin (< 20 mg/dl) haben oft auch sehr hohe Triglyceridwerte (> 500 mg/dl). Ein extrem niedriger HDL-Wert ohne erkennbare sekundäre Ursachen ist jedoch eher selten und betrifft weniger als 1% der Bevölkerung. Solche extremen Werte sind auf erhebliche Störungen der HDL-Stoffwechselwege zurückzuführen. In Fällen, in denen kein ausgeprägter Hypertriglyceridämie vorliegt, ist ein extrem niedriger HDL-Wert häufig auf eine gestörte HDL-Bildung zurückzuführen.16Rader, D. J., & deGoma, E. M. (2012). Approach to the patient with extremely low HDL-cholesterol. The Journal of clinical endocrinology and metabolism, 97(10), 3399–3407. https://doi.org/10.1210/jc.2012-2185.
Die folgende Tabelle zeigt mögliche Ursachen für extrem niedrige HDL-Cholesterinwerte auf:
Differentialdiagnose extrem niedriger HDL-Spiegel (< 20 mg/dl) | |
---|---|
Artefaktische Ursache: | • Paraproteinämie bei immunoproliferativen Erkrankungen wie dem Multiplen Myelom (MM) |
Sekundäre Ursachen: | • Anabole androgene Steroide • Fibrate • Insulin-Sensitizer in Kombination mit Fibraten • Malignität |
Primäre (monogene) Ursachen: | • ApoA-I-Mangel • ApoA-I-Strukturmutationen • Tangier-Krankheit • Heterozygoter Mangel an ABCA1 • LCAT-Mangel |
Ursachen für extrem niedrige HDL-Werte (< 20 mg/dl) können Fehlfunktionen in den Analysen aufgrund von Paraproteinämie, Nebenwirkungen von Medikamenten, Krankheiten oder genetischen Störungen wie ApoA-I-Mangel, Tangier-Krankheit oder LCAT-Mangel sein. Doch in der allgemeinen Bevölkerung sind HDL-Cholesterinspiegel eher durch Faktoren wie Triglyceridwerte, BMI und Insulinresistenz als durch genetische Faktoren beeinflusst.
Was tun bei HDL-Mangel?
Die Bewältigung eines HDL-Mangels setzt bei den Grundursachen an. Sekundäre Ursachen für extrem niedrige HDL-Cholesterinwerte, etwa störende Medikamente oder bestehende Grunderkrankungen, sollten in Angriff genommen werden.
Besonders bei erblich bedingtem HDL-Mangel sind die Bewertung und Kontrolle des kardiovaskulären Risikos von entscheidender Bedeutung. Bei vorhandenen kardiovaskulären Erkrankungen ist eine umfassende sekundäre Prävention angezeigt. Hierzu gehört, eine LDL-Konzentration von < 70 mg/dl durch eine hochdosierte Statintherapie zu erreichen.
Im Rahmen der Primärprävention ist es wichtig, traditionelle Risikofaktoren zu minimieren. Lebensstilanpassungen wie Gewichtsabnahme, Rauchstopp, Ernährungsumstellungen mit einem verbesserten Fettsäureprofil (weniger gesättigte und mehr ungesättigte Fette) sowie regelmäßige körperliche Aktivität, sind hier maßgeblich.
Um das individuelle Risiko genauer zu bestimmen und Ziele für die lipidsenkende Therapie festzulegen, kann eine bildgebende Untersuchung der Arteriosklerose hilfreich sein. Techniken wie das Calcium-Screening der Koronararterien oder die Messung der Dicke der Intima-Media-Wandschicht der hirnzuführenden Carotis-Arterien kommen hier zum Einsatz.
Es ist wichtig zu beachten, dass hohe HDL-Werte nicht zwangsläufig ein geringeres kardiovaskuläres Risiko bedeuten. Die Komplexität der HDL-Biologie, einschließlich der HDL-Spiegel, Partikelgröße, Zusammensetzung und Funktion, wird durch die alleinige Messung der HDL-Cholesterinwerte nur unzureichend abgebildet17Singh, K., & Rohatgi, A. (2018). Examining the paradox of high high-density lipoprotein and elevated cardiovascular risk. Journal of thoracic disease, 10(1), 109–112. https://doi.org/10.21037/jtd.2017.12.97.. Für eine tiefergehende Einschätzung des kardiovaskulären Risikos ist daher eine umfassende Untersuchung des gesamten Blutfettprofils unerlässlich.
LDL-Cholesterin: Wie hoch ist zu hoch?
LDL-Cholesterin, auch wenn es oft als das 'schlechte‘ Cholesterin bezeichnet wird, ist ein wesentlicher Bestandteil im Stoffwechsel unseres Körpers. Jedoch kann ein Überschuss an LDL-Cholesterin zu Ablagerungen in den Arterien führen, die schließlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen können. Doch wie hoch ist zu hoch bei den LDL-Werten und welche Faktoren beeinflussen diese?
Identifikation eines erhöhten LDL-Spiegels
Die Identifizierung eines erhöhten LDL-Cholesterinspiegels ist entscheidend für die Prävention und Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen. Jedoch existiert kein universeller LDL-Normalwert. Vielmehr sollte die angestrebte Höhe des LDL-Cholesterins individuell und basierend auf den persönlichen Risikofaktoren festgelegt werden.
Zur Risikoabschätzung werden Risikobewertungssysteme wie SCORE verwendet. Das SCORE-System berechnet das 10-Jahres-Risiko für eine tödliche kardiovaskuläre Erkrankung (CVD) auf Basis der folgenden Risikofaktoren: Alter, Geschlecht, Rauchen, systolischer Blutdruck und Gesamtcholesterin (zur Vergrößerung der Abbildung bitte anklicken).
SCORE-Tabelle als PDF: Die SCORE-Tabelle zur Berechnung des 10-Jahres-Risikos für tödliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen kann hier kostenlos als PDF heruntergeladen werden.
Beispiel: Das Risiko eines 40-jährigen männlichen Rauchers mit Risikofaktoren (Bluthochdruck und hohe Cholesterinwerte), in den nächsten 10 Jahren an einer kardiovaskulären Erkrankung zu versterben, entspricht dem eines 65-jährigen Nichtrauchers ohne Risikofaktoren (3–4 %) .
Die Abschätzung des Gesamtrisikos mit einem Risikobewertungssystem wie dem SCORE wird für asymptomatische Erwachsene im Alter von > 40 Jahren ohne Anzeichen von CVD, Diabetes mellitus, CKD, familiärer Hypercholesterinämie oder LDL-Cholesterinwerten > 190 mg/dl (> 4,9 mmol/l) empfohlen.
Personen mit gesicherter kardiovaskulärer Erkrankung, Diabetes mellitus Typ 1 oder Typ 2, sehr hohen individuellen Risikofaktoren oder chronischer Nierenerkrankung (CKD) haben i. d. R. automatisch ein sehr hohes oder hohes kardiovaskuläres Gesamtrisiko. Bei ihnen sind keine Modelle zur Risikoabschätzung erforderlich, da sie alle eine aktive Behandlung benötigen.
Auf Basis dieser Erwägungen werden die folgenden Kategorien des
kardiovaskulären Gesamtrisikos vorgeschlagen:
Kardiovaskuläre Risikokategorien | |
---|---|
Sehr hohes Risiko | • ASCVD (klinisch/bildgebend) • SCORE ≥ 10% • FH mit ASCVD oder mit einem anderen Hauptrisikofaktor • Schwere CKD (eGFR <30 mL/min) • DM & Zielorganschäden: ≥ 3 Hauptrisikofaktoren; oder frühes Auftreten von T1DM von langer Dauer (> 20 Jahre) |
Hohes Risiko | • SCORE ≥ 5% und < 10% • Deutlich erhöhte einzelne Risikofaktoren, insbesondere TC > 8 mmol/l (310 mg/dl) oder LDL-C > 4,9 mmol/l (190 mg/dl) oder Blutdruck ≥ 180/110 mmHg • FH ohne andere wichtige Risikofaktoren • Mittelschwere CKD (eGFR 30-59 mL/min) • DM ohne Zielorganschädigung, mit DM Dauer ≥ 10 Jahre oder andere zusätzliche Risikofaktoren |
Moderates Risiko | • SCORE ≥ 1% und < 5% • Junge Patienten (T1DM < 35 Jahre; T2DM < 50 Jahre) mit DM-Dauer <10 Jahren ohne andere Risikofaktoren |
Niedriges Risiko | • SCORE < 1 % |
Quelle: Mach et al., 2019
Zielwerte für LDL-Cholesterin
Je nach Risikokategorie ergeben sich für das LDL-Cholesterin folgende Behandlungszielwerte und -vorgaben zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen:
- Sehr hohes Risiko in der primären oder sekundären Prävention: Es wird eine therapeutische Strategie empfohlen, die eine LDL-C-Reduktion von > 50 % vom Ausgangswert erreicht und ein LDL-Cholesterinziel von < 55 mg/dl (< 1,4 mmol/l) anstrebt. Dies erfordert wahrscheinlich eine hochintensive LDL-senkende Therapie.
- Hohes Risiko: Es wird eine therapeutische Strategie empfohlen, die eine LDL-Cholesterinreduktion von > 50 % vom Ausgangswert erreicht und ein LDL-Cholesterin-Ziel von < 70 mg/dl (< 1,8 mmol/l) anstrebt.
- Moderates Risiko: Ein Zielwert von < 100 mg/dl (< 2,6 mmol/l) wird empfohlen.
- Niedriges Risiko: Ein Zielwert von < 116 mg/dl (< 3,0 mmol/l) wird empfohlen.
Je nach individuellem Risiko sind somit unterschiedliche LDL-Zielwerte zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen erstrebenswert. Bei Personen mit niedrigem Risiko gilt ein LDL-Cholesterinwert von < 116 mg/dl (< 3,0 mmol/l) als Grenzwert für ein niedriges Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bei Personen mit einem höheren kardiovaskulären Gesamtrisiko werden niedrigere Zielwerte für das LDL-Cholesterin empfohlen.
In Abhängigkeit vom kardiovaskulären Gesamtrisiko und dem unbehandelten LDL-Cholesterinwert werden neben Lebensstil-Interventionen ggf. begleitende medikamentöse Interventionen eingeleitet.
Erhöhtes LDL-Cholesterin: Ursachen & Risikofaktoren
Ein hoher LDL-Cholesterinspiegel kann durch eine Vielzahl von Faktoren verursacht werden, einschließlich genetischer Veranlagungen und Lebensstilgewohnheiten.
Genetisch bedingte hohe LDL-Cholesterinspiegel, auch bekannt als familiäre oder primäre Hypercholesterinämie, treten aufgrund spezifischer genetischer Störungen auf, die den LDL-Stoffwechsel beeinflussen. Mutationen in Genen, die für den LDL-Rezeptor oder Apolipoprotein B (ApoB) codieren, können zu stark erhöhten LDL-Spiegeln führen und somit das Risiko einer frühzeitigen Atherosklerose erhöhen.18Daniels, T. F., Killinger, K. M., Michal, J. J., Wright, R. W., Jr, & Jiang, Z. (2009). Lipoproteins, cholesterol homeostasis and cardiac health. International journal of biological sciences, 5(5), 474–488. https://doi.org/10.7150/ijbs.5.474.
Bei den meisten Menschen beeinflussen jedoch Lebensstilfaktoren den LDL-Cholesterinspiegel maßgeblich. Dies ist als erworbene oder sekundäre Hypercholesterinämie bekannt. Lebensmittel, die reich an gesättigten Fetten und Cholesterin sind, eine sitzende Lebensweise, Rauchen und Übergewicht können alle zu erhöhten LDL-Cholesterinspiegeln führen.
Zusätzlich können bestimmte Erkrankungen wie eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) oder Diabetes mellitus den LDL-Cholesterinspiegel erhöhen. Ebenso können einige Medikamente, darunter bestimmte Diuretika, Immunsuppressiva und Corticosteroide, den Cholesterinspiegel im Blut beeinflussen.
Es ist wichtig, sich bewusst zu sein, dass sowohl genetische als auch Lebensstilfaktoren einen Beitrag zum LDL-Cholesterinspiegel leisten können. Daher sollte eine umfassende Beurteilung dieser Faktoren erfolgen, um das individuelle Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen zu bestimmen und geeignete Managementstrategien zu entwickeln.
Ein erhöhter LDL-Wert allein ist ein Warnsignal, doch seine Bedeutung wird noch deutlicher, wenn wir ihn im Kontext mit anderen Blutfettwerten und Risikofaktoren betrachten.
Das große Ganze: Blutfettwerte ganzheitlich betrachten
Obwohl der LDL-Cholesterinwert als primärer Lipidparameter für Screening,
Risikoabschätzung, Diagnose und Behandlung genutzt werden sollte, reicht das bloße Fokussieren auf einzelne Parameter, wie den LDL-Wert, nicht aus. Blutfettwerte sind vielmehr wie ein Puzzle, das nur dann ein klares Bild ergibt, wenn alle Teile zusammen betrachtet werden. Um ein vollständiges Bild der Blutfettwerte und des kardiovaskulären Gesundheitsrisikos zu erhalten, ist daher eine umfassendere Betrachtung notwendig.
Wichtige Blutfettwerte und kardiovaskuläres Risiko
Neben dem LDL-Cholesterin spielen auch das Gesamtcholesterin, das HDL-Cholesterin und die Triglyceride eine wesentliche Rolle. Es ist wichtig, diese Werte in ihren jeweiligen Kontexten zu verstehen und zu berücksichtigen, dass eine optimale Kontrolle des LDL-Cholesterins nicht die einzige Strategie zur Verhinderung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellt.
Gesamtcholesterin
Das Gesamtcholesterin setzt sich zusammen aus dem LDL-Cholesterin, dem HDL-Cholesterin und 20 % der Triglyceridwerte im Blut. Es liefert eine Gesamtschau der Cholesterinkonzentration, wobei jedoch eine Unterscheidung zwischen „gutem“ (HDL) und „schlechtem“ (LDL) Cholesterin wesentlich ist.
Dieser Parameter spielt eine zentrale Rolle bei der Abschätzung des kardiovaskulären Risikos im SCORE-System. Cholesterinwerte < 200 mg/dl werden als wünschenswert eingestuft19InformedHealth.org [Internet]. Cologne, Germany: Institute for Quality and Efficiency in Health Care (IQWiG); 2006-. High cholesterol: Overview. 2013 Aug 14 [Updated 2017 Sep 7]. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK279318/..
LDL-Cholesterin
Als „schlechtes“ Cholesterin bekannt, trägt LDL-Cholesterin dazu bei, Cholesterin in die Arterien zu transportieren. Ein hoher LDL-Spiegel kann dazu führen, dass sich Plaque an den Wänden der Blutgefäße ansammelt, was das Risiko für eine Atherosklerose (und damit für kardiovaskuläre Erkrankungen wie z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall) erhöht. Das LDL-Cholesterin sollte als primärer Lipidparameter für Screening, Diagnose und Behandlung genutzt werden. Für Gesunde gilt ein LDL-Cholesterinwert < 116 mg/dl als günstig. Mit steigendem kardiovaskulärem Risiko sind jedoch noch niedrigere Werte anzustreben.
HDL-Cholesterin
Dieses „gute“ Cholesterin ist dafür verantwortlich, überschüssiges Cholesterin aus dem Blutstrom zurück zur Leber zu transportieren, wo es abgebaut und aus dem Körper entfernt wird. Hohe HDL-Werte können dazu beitragen, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verringern. Eine HDL-Cholesterinanalyse wird empfohlen, um die Risikoabschätzung mit dem SCORE-System weiter zu verfeinern. Laut Fachgesellschaft Lipid-Liga gelten für Gesunde ein HDL-Cholesterinwert > 40 mg/dl für Männer und > 45 mg/dl für Frauen als günstig.
Triglyceride
Triglyceride sind die häufigsten Arten von Fett im Körper und in der Nahrung. Sie liefern Energie, jedoch kann ein Anstieg der Triglyceridwerte – oft bedingt durch eine hohe Kalorienzufuhr oder einen Mangel an körperlicher Aktivität – das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Dies gilt insbesondere in Kombination mit niedrigem HDL-Cholesterin und hohem LDL-Cholesterin. Bei sehr hohen Triglyceriden besteht das Risiko für eine Bauchspeicheldrüsenentzündung
(Pankreatitis), welche lebensbedrohlich sein kann.
Die Triglycerid-Analyse wird als Teil der Routine-Lipidanalyse empfohlen. Triglyceridwerte < 150 mg/dl (< 1,7 mmol/l) deutet auf ein geringeres Risiko hin und werden laut Lipid-Liga als „normal“ klassifiziert. Ein Bereich von 150–200 mg/dl (2,28 mmol/l) wird hingegen als grenzwertig hoch eingestuft, während Werte von 200–500 mg/dl (5,7 mmol/l) als hoch gelten. Alle Werte, die diesen Bereich überschreiten, fallen in die Kategorie „sehr hoch“. Höhere Werte (≥ 150 mg/dl bzw. ≥ 1,7 mmol/l) bedeuten, dass nach anderen Risikofaktoren gesucht werden muss.
Non-HDL-Cholesterin
Das „Non-HDL-Cholesterin“ ist ein Blutfettwert, der alle „schlechten“ Cholesterinformen umfasst – es setzt sich aus dem LDL-Cholesterin und weiteren, potenziell schädlichen Lipoproteinen wie VLDL und IDL zusammen. Es ist ein wichtiger Indikator für das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere bei Risikogruppen, da es ein breiteres Spektrum atherogener Lipoproteine erfasst als der LDL-Cholesterinwert allein.
Daher wird die Auswertung von Non-HDL-Cholesterinwerten zur Risikobewertung insbesondere bei Personen mit hohen Triglyceridwerten, Diabetes mellitus, Adipositas oder sehr niedrigen LDL-Cholesterinwerten empfohlen. Sekundäre Zielwerte für das Non-HDL-Cholesterin sind: < 85 mg/dl (2,2 mmol/l), < 100 mg/dl (< 2,6 mmol/l) und < 130 mg/dl (< 3,4 mmol/l) bei Personen mit sehr hohem, hohem bzw. moderatem kardiovaskulären Risiko.
Apolipoprotein B (ApoB)
Apolipoprotein B (ApoB) ist ein wesentlicher Bestandteil aller atherogenen Lipoproteine, einschließlich LDL, VLDL und IDL, und jede dieser Partikel enthält genau ein ApoB-Molekül. Da jeder atherogene Lipoproteinteilchen nur ein ApoB-Molekül enthält, bietet der ApoB-Wert eine genaue Zählung der Gesamtzahl an atherogenen Partikeln und kann ein wichtiger Marker für das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein, besonders bei Risikogruppen.
Die ApoB-Analyse wird zur Risikobewertung insbesondere bei Personen mit hohen Triglyceridwerten, Diabetes mellitus, Adipositas, Metabolischem Syndrom oder sehr niedrigen LDL-Cholesterinwerten empfohlen. Sie kann als Alternative zu LDL-Cholesterin, sofern verfügbar, als primäre Messung für Screening, Diagnose und Therapie verwendet und kann bei Menschen mit hohen Triglyceridwerten, Diabetes mellitus, Adipositas oder sehr niedrigen LDL-Cholesterinwerten gegenüber Nicht-HDL-Cholesterin bevorzugt werden. Wenn sekundäre Ziele verwendet werden, lauten die Empfehlungen für ApoB: < 65 mg/dl, < 80 mg/dl und < 100 mg/dl bei sehr hohem, hohem bzw. moderatem kardiovaskulären Risiko.
Lipoprotein(a)
Lipoprotein(a), oder Lp(a), ist ein weiterer unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. Lp(a) besteht aus einem LDL-ähnlichen Partikel und einem zusätzlichen Protein namens Apolipoprotein(a), das an Apolipoprotein B-100 gebunden ist. Aufgrund seiner strukturellen Ähnlichkeit mit Plasminogen kann Lp(a) zur Thrombosebildung beitragen und ist mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden, insbesondere bei Personen mit stark erhöhten Lp(a)-Werten, was oft genetisch bedingt ist.
Obwohl es keinen eindeutigen Normalwert für Lp(a) gibt, wird die Lp(a)-Obergrenze üblicherweise mit 30 mg/dl (75 nmol/l) angegeben. Laut Lipid-Liga wird generell angenommen, dass das Risiko bei Werten > 30 mg/dl (> 75 nmol/l) erhöht ist. Die Lp(a)-Messung sollte mindestens einmal im Leben eines jeden Erwachsenen in Betracht gezogen werden, um Personen mit sehr hohen vererbten Lp(a)-Spiegeln > 180 mg/dl (> 430 nmol/l) zu identifizieren, die ein lebenslanges Risiko für atherosklerotische Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben, das dem Risiko einer heterozygoten familiären Hypercholesterinämie entspricht. Lp(a) lässt sich medikamentös kaum beeinflussen.
Die Bewertung von Blutfettwerten, einschließlich Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin, Triglyceriden, Non-HDL-Cholesterin, Apolipoprotein B (ApoB) und Lipoprotein(a), liefert ein detailliertes Bild des kardiovaskulären Risikos. Diese Analyse wird durch die Berücksichtigung weiterer Faktoren wie Alter, Geschlecht, Raucherstatus, Blutdruck und Vorerkrankungen ergänzt, um eine ganzheitliche Risikoeinschätzung zu ermöglichen.
Weitere Zielwerte zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Zur umfassenden Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen empfiehlt die Leitlinie eine gesundheitsbewusste Lebensweise, die weit über die Kontrolle von Blutfetten mit LDL-Cholesterin als primärem Zielparameter) hinausgeht. Hier sind weitere Zielvorgaben, die von grundlegender Bedeutung sind:
- Rauchen: Komplette Abstinenz von allen Tabakwaren ist das Ziel. Rauchen ist ein maßgeblicher Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen und andere Gesundheitsprobleme.
- Ernährung: Eine ausgewogene und gesunde Ernährung ist unerlässlich. Priorität haben ungesättigte Fette, Vollkornprodukte, Gemüse, Obst und Fisch, während gesättigte Fette, Zucker und Salz gemieden werden sollten.
- Körperliche Aktivität: Regelmäßige körperliche Aktivität ist ein wichtiger Bestandteil der Prävention. Empfohlen werden 3,5–7 Stunden moderat-intensiver Aktivität pro Woche oder 30–60 Minuten an den meisten Tagen.
- Körpergewicht: Ein gesundes Körpergewicht wird durch einen BMI zwischen 20 und 25 kg/m² angezeigt. Zudem sollte der Taillenumfang bei Männern unter 94 cm und bei Frauen unter 80 cm liegen.
- Blutdruck: Ein Zielblutdruck von < 140/90 mmHg kann dazu beitragen, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken.
- Diabetes mellitus: Bei Personen mit Diabetes mellitus ist ein HbA1c-Wert < 7 % (< 53 mmol/mol) anzustreben, um das kardiovaskuläre Risiko zu minimieren.
Darüber hinaus sollten auch andere Risikofaktoren wie familiäre Vorbelastung, Stress oder Schlafmangel berücksichtigt werden. Jeder dieser Faktoren spielt eine entscheidende Rolle bei der Gesamtbeurteilung des kardiovaskulären Risikos und muss in eine umfassende Präventionsstrategie einbezogen werden.
Modifikationen des Lebensstils, einschließlich Ernährungsumstellung, regelmäßiger Bewegung und Stressmanagement, können erheblich zur Verbesserung der Blutfettwerte und zur allgemeinen Herzgesundheit beitragen. Gerade bei Hypertriglyceridämien, die sich durch außergewöhnlich hohe Triglyceridwerte auszeichnen, können solche Änderungen des Lebensstils besonders wirksam sein und drastische Verbesserungen bewirken.
Die Bedeutung regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen
Vorsorgeuntersuchungen sind ein unverzichtbarer Bestandteil einer guten Gesundheitspflege. Sie ermöglichen die frühzeitige Erkennung von Krankheiten oder Risikofaktoren und bieten die Chance, durch geeignete Maßnahmen Krankheiten zu verhindern oder zumindest deren Ausbruch zu verzögern. Im Kontext von Fettstoffwechselstörungen und erhöhten Cholesterinwerten spielen regelmäßige Tests eine entscheidende Rolle, da diese Zustände oft asymptomatisch sind und daher ohne Untersuchungen unerkannt bleiben können.
Erhöhte Cholesterinwerte oft unerkannt
Fettstoffwechselstörungen wie erhöhte Cholesterinwerte sind in der Bevölkerung weit verbreitet und stellen ein ernsthaftes gesundheitliches Problem dar, wenn sie unerkannt und unbehandelt bleiben. Die Daten der DEGS1-Studie verdeutlichen die hohe Prävalenz von Fettstoffwechselstörungen in Deutschland: Etwa 64,5 % der Männer und 65,7 % der Frauen zwischen 18 und 79 Jahren weisen erhöhte Gesamtcholesterinwerte auf oder wurden ärztlich mit einer Fettstoffwechselstörung diagnostiziert.
Besonders besorgniserregend ist die Tatsache, dass bei mehr als der Hälfte der Betroffenen die Dyslipidämie unerkannt bleibt. Dies kann schwerwiegende Folgen haben, da erhöhte Cholesterinwerte und andere Fettstoffwechselstörungen oft keine direkten Symptome verursachen, aber dennoch das Risiko für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere koronarer Herzkrankheit und Schlaganfall, deutlich erhöhen. Unbehandelte Fettstoffwechselstörungen können zu Ablagerungen in den Arterien führen, die den Blutfluss beeinträchtigen und das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall steigern.
Darüber hinaus können diese Störungen weitere gesundheitliche Probleme nach sich ziehen. Ein erhöhter LDL-Cholesterinspiegel ist mit einem gesteigerten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einer erhöhten Gesamtmortalität assoziiert20Peng, K., Li, X., Wang, Z., Li, M., & Yang, Y. (2022). Association of low-density lipoprotein cholesterol levels with the risk of mortality and cardiovascular events: A meta-analysis of cohort studies with 1,232,694 participants. Medicine, 101(48), e32003. https://doi.org/10.1097/MD.0000000000032003.. Ebenso können niedrige HDL-Cholesterinwerte und hohe Triglyceridwerte zur Entstehung von Gallensteinen beitragen und das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse erhöhen21Zhang, M., Mao, M., Zhang, C., Hu, F., Cui, P., Li, G., Shi, J., Wang, X., & Shan, X. (2022). Blood lipid metabolism and the risk of gallstone disease: a multi-center study and meta-analysis. Lipids in health and disease, 21(1), 26. https://doi.org/10.1186/s12944-022-01635-9. 22Chen, Y., Chang, Z., Liu, Y., Zhao, Y., Fu, J., Zhang, Y., Liu, Y., & Fan, Z. (2022). Triglyceride to high-density lipoprotein cholesterol ratio and cardiovascular events in the general population: A systematic review and meta-analysis of cohort studies. Nutrition, metabolism, and cardiovascular diseases : NMCD, 32(2), 318–329. https://doi.org/10.1016/j.numecd.2021.11.005.. Eine Hypertriglyceridämie geht zudem mit einem erhöhten Risiko für eine Pankreatitis einher23Feingold KR. Pancreatitis Secondary to Hypertriglyceridemia. [Updated 2022 Aug 3]. In: Feingold KR, Anawalt B, Blackman MR, et al., editors. Endotext [Internet]. South Dartmouth (MA): MDText.com, Inc.; 2000-. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK279082/..
Daher ist es von entscheidender Bedeutung, das Bewusstsein für die Notwendigkeit regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen zu schärfen, um Fettstoffwechselstörungen frühzeitig zu erkennen und angemessen zu behandeln.
Vorsorgeuntersuchungen: Schlüssel zur Früherkennung von Fettstoffwechselstörungen
Fettstoffwechselstörungen sind eng mit Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Adipositas und Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden. Ihre frühzeitige Erkennung und Behandlung kann helfen, das Risiko für diese ernsthaften Gesundheitsprobleme erheblich zu reduzieren und die allgemeine Gesundheit und Lebensqualität zu verbessern.
Die regelmäßige Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen spielt eine entscheidende Rolle bei der Erkennung und Behandlung von Fettstoffwechselstörungen. Für gesetzlich Versicherte in Deutschland ist der Zugang zu solchen Untersuchungen gesichert und die Kosten werden von der Krankenkasse übernommen.
Für Versicherte im Alter von 18–34 Jahren ist eine einmalige Gesundheitsuntersuchung vorgesehen. Diese kann, bei Vorliegen von Risikofaktoren wie Übergewicht, Bluthochdruck oder familiärer Vorerkrankungen, die Überprüfung der Blutfettwerte beinhalten.
Ab dem 35. Lebensjahr haben Versicherte Anspruch auf eine umfassendere Gesundheitsuntersuchung, die alle drei Jahre durchgeführt wird. Dieser sog. „Gesundheits-Check-up“ beinhaltet standardmäßig die Untersuchung bestimmter Blutfettwerte, einschließlich Gesamtcholesterin, LDL- und HDL-Cholesterin sowie Triglyceride. Diese Werte geben einen umfassenden Einblick in den Zustand des Fettstoffwechsels und helfen dabei, potenzielle Gesundheitsrisiken frühzeitig zu erkennen.
Weitere Informationen zum Gesundheits-Check-up und der damit verbundenen Untersuchungen sind auf der Website des Bundesministeriums für Gesundheit zu finden. Es ist wichtig, sich über diese Möglichkeiten zu informieren und sie regelmäßig wahrzunehmen, um das eigene Gesundheitsrisiko bestmöglich zu managen und Fettstoffwechselstörungen effektiv zu bekämpfen.