Über Jahrhunderte hinweg war er der wahre Schrecken der Seefahrt und wurde gefürchteter als Stürme, Piraten oder Seeungeheuer: Skorbut. Diese heimtückische Krankheit prägte das Zeitalter der Entdeckungen und forderte Schätzungen zufolge zwischen 1500 und 1700 rund zwei Millionen Matrosenleben. Auf monatelangen Reisen, bei denen sich die Verpflegung fast ausschließlich aus Zwieback und Pökelfleisch zusammensetzte, machte sich ein unsichtbarer Mangel mit dramatischen Folgen bemerkbar: Zahnfleischbluten, Gelenkschmerzen, Wundheilungsstörungen – und schließlich der Tod.
Die Ursache blieb lange ein Rätsel, bis der schottische Schiffsarzt James Lind die Medizingeschichte veränderte. Im Mai 1747 führte er an Bord der HMS Salisbury einen der ersten kontrollierten klinischen Versuche durch. Zwölf an Skorbut erkrankte Matrosen wurden in sechs Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe erhielt zusätzlich zur üblichen Ration eine andere Behandlung – von Apfelwein über Schwefelsäure bis zu Meerwasser. Nur eine Gruppe bekam täglich zwei Orangen und eine Zitrone. Das Ergebnis war verblüffend: Innerhalb von sechs Tagen waren diese Männer nahezu vollständig genesen, während die anderen kaum Fortschritte machten.
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Linds Versuch lieferte den entscheidenden Hinweis, wenngleich es noch Jahrzehnte dauerte, bis die britische Admiralität Zitronensaft zur Pflicht machte.
Diese Episode verdeutlicht eine fundamentale biologische Tatsache: Der menschliche Körper kann Vitamin C, auch Ascorbinsäure genannt, nicht selbst herstellen. Im Gegensatz zu vielen Tieren sind wir darauf angewiesen, diesen lebenswichtigen Stoff regelmäßig über die Nahrung aufzunehmen.
In diesem Artikel erfährst du, welche Funktionen Vitamin C im Körper erfüllt, wie du deinen Bedarf decken kannst und was die aktuelle Forschung zu seiner Rolle für Gesundheit und Immunsystem sagt.
Die biochemische Werkzeugkiste: Was Vitamin C im Körper wirklich leistet
Vitamin C ist weit mehr als nur ein einzelner Wirkstoff. Es ist ein systemischer Helfer-Nährstoff, der als Katalysator und Ermöglicher für eine Vielzahl fundamentaler Prozesse im Körper agiert. Seine Bedeutung liegt weniger darin, ein alleiniger Hauptakteur zu sein, als vielmehr darin, andere Systeme und Moleküle in ihrer Funktion zu unterstützen und zu regenerieren. Diese unterstützende Rolle erklärt, warum ein Mangel so weitreichende und scheinbar unzusammenhängende Symptome hervorrufen kann.1Abdullah M, Jamil RT, Attia FN. Vitamin C (Ascorbic Acid) [Updated 2023 May 1]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2025 Jan-. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK499877/. 2See, X. Z., Yeo, W. S., & Saptoro, A. (2024). A comprehensive review and recent advances of vitamin C: Overview, functions, sources, applications, market survey and processes. Chemical Engineering Research and Design, 206, 108–129. https://doi.org/10.1016/j.cherd.2024.04.048.
Der Wächter der Zellen: Vitamin C als Antioxidans
Im Zentrum vieler Alterungs- und Krankheitsprozesse steht der sog. oxidative Stress. Dieser entsteht durch freie Radikale – das sind hochreaktive, instabile Moleküle, denen ein Elektron fehlt. Auf der Suche nach Stabilität entreißen sie anderen Molekülen in unseren Zellen ein Elektron und lösen so eine schädliche Kettenreaktion aus. Freie Radikale entstehen zwar bei normalen Stoffwechselvorgängen, ihre Zahl wird jedoch durch äußere Einflüsse wie UV-Strahlung, Luftverschmutzung und Zigarettenrauch deutlich erhöht.
An dieser Stelle kommt Vitamin C als eines der wichtigsten wasserlöslichen Antioxidantien des Körpers ins Spiel. Es besitzt die Fähigkeit, sehr leicht ein Elektron abzugeben, ohne dabei selbst zu einem schädlichen Radikal zu werden. So neutralisiert es freie Radikale und schützt essenzielle Zellstrukturen wie Proteine, Lipide und DNA vor oxidativen Schäden.3Gęgotek, A., & Skrzydlewska, E. (2022). Antioxidative and Anti-Inflammatory Activity of Ascorbic Acid. Antioxidants (Basel, Switzerland), 11(10), 1993. https://doi.org/10.3390/antiox11101993.
Darüber hinaus ist Vitamin C ein Teamplayer im antioxidativen Netzwerk des Körpers: Es regeneriert verbrauchtes Vitamin E, ein fettlösliches Antioxidans, das die Zellmembranen schützt4Higgins, M. R., Izadi, A., & Kaviani, M. (2020). Antioxidants and Exercise Performance: With a Focus on Vitamin E and C Supplementation. International journal of environmental research and public health, 17(22), 8452. https://doi.org/10.3390/ijerph17228452.. Durch diesen „Recycling“-Prozess wird die gesamte antioxidative Abwehr gestärkt.
Das Fundament des Körpers: Kollagensynthese für Haut, Knochen und Wundheilung
Kollagen ist das am häufigsten vorkommende Protein im menschlichen Körper. Es bildet ein faseriges Gerüst, das unserem Bindegewebe, unserer Haut, unseren Knochen, Knorpeln, Sehnen und Blutgefäßen Struktur, Stabilität und Elastizität verleiht. Die Produktion stabiler Kollagenfasern ist jedoch direkt von Vitamin C abhängig.
Dieses fungiert als unverzichtbarer Co-Faktor für die Enzyme Prolyl- und Lysylhydroxylase, welche die Quervernetzung und Stabilisierung der Kollagenmoleküle ermöglichen5Boo Y. C. (2022). Ascorbic Acid (Vitamin C) as a Cosmeceutical to Increase Dermal Collagen for Skin Antiaging Purposes: Emerging Combination Therapies. Antioxidants (Basel, Switzerland), 11(9), 1663. https://doi.org/10.3390/antiox11091663.. Ohne ausreichend Vitamin C kann der Körper nur ein instabiles, minderwertiges Kollagen herstellen. Dies erklärt die dramatischen Symptome des Skorbuts: Die Blutgefäße werden brüchig, was zu Einblutungen führt, und die Wundheilung ist massiv gestört, da das notwendige Strukturgewebe nicht gebildet werden kann.6Bechara, N., Flood, V. M., & Gunton, J. E. (2022). A Systematic Review on the Role of Vitamin C in Tissue Healing. Antioxidants (Basel, Switzerland), 11(8), 1605. https://doi.org/10.3390/antiox11081605.
Der Booster für die Abwehr: Immunsystem und Vitamin C
Vitamin C ist ein entscheidender Modulator des Immunsystems und unterstützt sowohl die angeborene als auch die erworbene Abwehr auf mehreren Ebenen7Carr, A. C., & Maggini, S. (2017). Vitamin C and Immune Function. Nutrients, 9(11), 1211. https://doi.org/10.3390/nu9111211. 8Calder, P. C., Ortega, E. F., Meydani, S. N., Adkins, Y., Stephensen, C. B., Thompson, B., & Zwickey, H. (2022). Nutrition, Immunosenescence, and Infectious Disease: An Overview of the Scientific Evidence on Micronutrients and on Modulation of the Gut Microbiota. Advances in nutrition (Bethesda, Md.), 13(5), S1–S26. https://doi.org/10.1093/advances/nmac052.. Es reichert sich in hohen Konzentrationen in Immunzellen an, schützt sie vor oxidativem Stress und stärkt ihre Abwehrfunktionen – von der Phagozytose über die Bildung von Antikörpern bis hin zur Koordination der Immunantwort.
Insbesondere in Fresszellen (Phagozyten) wirkt Vitamin C wie ein Schutzschild, das die Zellen während des „Kampfes“ gegen Krankheitserreger vor oxidativem Schaden bewahrt. Zudem fördert Vitamin C die Bildung und Aktivität von Lymphozyten und natürlichen Killerzellen, die infizierte Zellen gezielt bekämpfen. Darüber hinaus unterstützt es die Produktion von Antikörpern und wichtigen Signalmolekülen (Zytokinen), die die Immunantwort koordinieren. Ein Mangel an Vitamin C kann die Immunabwehr folglich schwächen und die Anfälligkeit für Infektionen erhöhen.
Der entscheidende Partner: Wie Vitamin C die Eisenaufnahme verbessert
Eisen ist ein lebenswichtiges Spurenelement, dessen Aufnahme aus der Nahrung jedoch komplex ist. Man unterscheidet zwei Formen: Häm-Eisen stammt aus tierischen Quellen, Nicht-Häm-Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln. Während Häm-Eisen vom Körper relativ gut aufgenommen wird, stellt Nicht-Häm-Eisen eine größere Herausforderung dar. Es liegt meist in seiner dreiwertigen Form (Fe³⁺) vor, die von den Darmzellen nur schwer resorbiert werden kann.
Hier spielt Vitamin C eine Schlüsselrolle – insbesondere für Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren. Ascorbinsäure kann dreiwertiges Eisen (Fe³⁺) effektiv zu zweiwertigem Eisen (Fe²⁺) reduzieren9Lane, D. J., & Richardson, D. R. (2014). The active role of vitamin C in mammalian iron metabolism: much more than just enhanced iron absorption!. Free radical biology & medicine, 75, 69–83. https://doi.org/10.1016/j.freeradbiomed.2014.07.007.. Nur in dieser zweiwertigen Form kann das Spurenelement effizient über die Darmwand in den Körper gelangen. Bereits 25–50 mg Vitamin C pro Mahlzeit können die Aufnahme von pflanzlichem Eisen signifikant verbessern10Teucher, B., Olivares, M., & Cori, H. (2004). Enhancers of iron absorption: ascorbic acid and other organic acids. International journal for vitamin and nutrition research. Internationale Zeitschrift fur Vitamin- und Ernahrungsforschung. Journal international de vitaminologie et de nutrition, 74(6), 403–419. https://doi.org/10.1024/0300-9831.74.6.403. 11Diaz, M., Rosado, J. L., Allen, L. H., Abrams, S., & García, O. P. (2003). The efficacy of a local ascorbic acid-rich food in improving iron absorption from Mexican diets: a field study using stable isotopes. The American journal of clinical nutrition, 78(3), 436–440. https://doi.org/10.1093/ajcn/78.3.436.. In vielen Studien werden 50–100 mg oder mehr eingesetzt, insbesondere bei Mahlzeiten, die Hemmstoffe enthalten12Skolmowska, D., & Głąbska, D. (2022). Effectiveness of Dietary Intervention with Iron and Vitamin C Administered Separately in Improving Iron Status in Young Women. International journal of environmental research and public health, 19(19), 11877. https://doi.org/10.3390/ijerph191911877. 13von Siebenthal, H. K., Moretti, D., Zimmermann, M. B., & Stoffel, N. U. (2023). Effect of dietary factors and time of day on iron absorption from oral iron supplements in iron deficient women. American journal of hematology, 98(9), 1356–1363. https://doi.org/10.1002/ajh.26987..
Weitere wichtige Rollen von Vitamin C
Doch damit sind die Aufgaben von Vitamin C noch lange nicht erschöpft. Der vielseitige Mikronährstoff greift auch in Prozesse ein, die unser Nervensystem, den Energiestoffwechsel und sogar allergische Reaktionen beeinflussen.
Nervensystem und Psyche
Vitamin C spielt eine wichtige Rolle im Nervensystem. Es ist ein notwendiger Kofaktor für das Enzym Dopamin-β-Hydroxylase, welches Dopamin in Noradrenalin umwandelt. Darüber hinaus unterstützt Vitamin C die Bildung und Freisetzung verschiedener Neurotransmitter. Im Gehirn wirkt es außerdem als Antioxidans und schützt Nervenzellen vor oxidativem Stress. Ein Mangel kann sich durch Müdigkeit, Stimmungsschwankungen oder Konzentrationsprobleme bemerkbar machen.14Plevin, D., & Galletly, C. (2020). The neuropsychiatric effects of vitamin C deficiency: a systematic review. BMC psychiatry, 20(1), 315. https://doi.org/10.1186/s12888-020-02730-w.
Stress und Energie
Die Nebennieren, die die Stresshormone Adrenalin und Cortisol produzieren, enthalten besonders hohe Konzentrationen an Vitamin C15Patak, P., Willenberg, H. S., & Bornstein, S. R. (2004). Vitamin C is an important cofactor for both adrenal cortex and adrenal medulla. Endocrine research, 30(4), 871–875. https://doi.org/10.1081/erc-200044126. 16Padayatty, S. J., Doppman, J. L., Chang, R., Wang, Y., Gill, J., Papanicolaou, D. A., & Levine, M. (2007). Human adrenal glands secrete vitamin C in response to adrenocorticotrophic hormone. The American journal of clinical nutrition, 86(1), 145–149. https://doi.org/10.1093/ajcn/86.1.145.. Unter Stress reagiert die Nebenniere auf eine Stimulation durch das adrenocorticotrope Hormon (ACTH) mit einer erhöhten Ausschüttung von Vitamin C. Dies weist auf eine aktive Rolle des Vitamins in der Stressantwort hin. Darüber hinaus ist Vitamin C ein Cofaktor bei der Synthese von Carnitin, einer Verbindung, die für den Transport von Fettsäuren in die Mitochondrien – die „Kraftwerke“ der Zellen – und somit für die Energiegewinnung notwendig ist17Rebouche C. J. (1991). Ascorbic acid and carnitine biosynthesis. The American journal of clinical nutrition, 54(6 Suppl), 1147S–1152S. https://doi.org/10.1093/ajcn/54.6.1147s..
Histamin-Regulierung
Vitamin C scheint eine Rolle bei der Regulation des Histaminstoffwechsels zu spielen. Tier- und Humanstudien deuten darauf hin, dass ein niedriger Vitamin-C-Spiegel mit erhöhten Histaminwerten einhergehen kann und eine ausreichende Zufuhr den Abbau von Histamin unterstützen könnte. Der genaue Mechanismus ist noch nicht vollständig geklärt, doch die Ergebnisse legen nahe, dass Vitamin C insbesondere bei allergischen Reaktionen eine modulierende Funktion haben könnte.18Carr, A. C., & Maggini, S. (2017). Vitamin C and Immune Function. Nutrients, 9(11), 1211. https://doi.org/10.3390/nu9111211.
Vitamin C ist ein wahres Multitalent der Biochemie. Es ist zwar kein Allheilmittel, aber ein zentraler Unterstützer unzähliger Prozesse, die unsere Gesundheit, Regeneration und Leistungsfähigkeit sichern19Alberts, A., Moldoveanu, E. T., Niculescu, A. G., & Grumezescu, A. M. (2025). Vitamin C: A Comprehensive Review of Its Role in Health, Disease Prevention, and Therapeutic Potential. Molecules (Basel, Switzerland), 30(3), 748. https://doi.org/10.3390/molecules30030748.. Ob als Antioxidans, Co-Faktor, Immunbooster oder Eisenhelfer: Ascorbinsäure zeigt eindrucksvoll, wie entscheidend Mikronährstoffe für das harmonische Zusammenspiel unseres Körpers sind.
Die richtige Dosis – Wie viel Vitamin C braucht der Körper wirklich?
Die Frage nach der optimalen Zufuhr von Vitamin C ist zentral. In industrialisierten Ländern ist ein schwerer Mangel zwar selten, doch bestimmte Lebensumstände können den individuellen Bedarf deutlich erhöhen.
Offizielle Empfehlungen der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung)
Als wissenschaftliche Referenz im deutschsprachigen Raum gelten die Empfehlungen der DGE. Diese basieren auf der Menge, die notwendig ist, um Mangelerkrankungen zu verhindern und die normalen Körperfunktionen aufrechtzuerhalten.
Für gesunde Erwachsene empfiehlt die DGE eine tägliche Zufuhr von 95 mg für Frauen und 110 mg für Männer. Die Werte für Kinder und Jugendliche sind altersabhängig gestaffelt (siehe Tabelle unten).20Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (2015). Referenzwert – Vitamin C. https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-c/.
Gruppen mit erhöhtem Bedarf – Wann mehr wirklich mehr ist
Die allgemeinen Empfehlungen gelten nicht für alle Menschen gleichermaßen. Bestimmte Gruppen haben nachweislich einen höheren Bedarf an Vitamin C.
Rauchen verursacht erheblichen oxidativen Stress im Körper. Vitamin C wird vermehrt verbraucht, um die Vielzahl der im Zigarettenrauch enthaltenen Schadstoffe zu neutralisieren21Panda, K., Chattopadhyay, R., Chattopadhyay, D. J., & Chatterjee, I. B. (2000). Vitamin C prevents cigarette smoke-induced oxidative damage in vivo. Free radical biology & medicine, 29(2), 115–124. https://doi.org/10.1016/s0891-5849(00)00297-5.. Der Vitamin-C-Umsatz liegt bei Raucher etwa 40 % höher als bei Nichtraucher. Die DGE empfiehlt daher eine deutlich höhere tägliche Zufuhr: 135 mg für Raucherinnen und 155 mg für Raucher22Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (2015). Ausgewählte Fragen und Antworten zu Vitamin C. https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/faq/vitamin-c/..
Während der Schwangerschaft muss nicht nur die Mutter, sondern auch das wachsende Kind mit Vitamin C versorgt werden. In der Stillzeit wird zusätzlich Vitamin C über die Muttermilch an den Säugling abgegeben. Daher empfiehlt die DGE ab dem vierten Schwangerschaftsmonat 105 mg pro Tag und für Stillende 125 mg pro Tag.
Intensive sportliche Betätigung, schwere körperliche Arbeit oder akute Erkrankungen wie Infektionen, Fieber, Verbrennungen oder Operationen erhöhen den Energieumsatz und die Bildung freier Radikale. In solchen Phasen steigt der Bedarf an Vitamin C, um die antioxidative Abwehr, die Zellreparatur und die Heilungsprozesse zu unterstützen.
Im Vergleich zu gesunden Menschen weisen Menschen mit Typ-2-Diabetes häufig signifikant niedrigere Vitamin-C-Konzentrationen im Blut auf – selbst bei ähnlicher Aufnahme über die Ernährung23Carr, A. C., Vlasiuk, E., Zawari, M., & Lunt, H. (2024). Understanding the additional impact of prediabetes and type 2 diabetes mellitus on vitamin C requirements in people living with obesity. Nutrition research (New York, N.Y.), 130, 1–10. https://doi.org/10.1016/j.nutres.2024.08.001.. Ein erhöhter Blutzuckerspiegel und die damit verbundene metabolische Dysregulation können zu oxidativem Stress führen, der Zellen und Blutgefäße belastet. Eine ausreichende Versorgung mit Antioxidantien, insbesondere mit Vitamin C, ist daher wichtig, um die körpereigene Schutzkapazität gegen oxidativen Stress zu erhalten.
Empfohlene tägliche Zufuhr laut DGE (mg/Tag)
| Alter / Gruppe | Vitamin C (mg/Tag) | |
| Männer | Frauen | |
| Säuglinge* | ||
| 0 bis unter 4 Monate | 20 | 20 |
| 4 bis unter 12 Monate | 20 | 20 |
| Kinder und Jugendliche | ||
| 1 bis unter 4 Jahre | 20 | 20 |
| 4 bis unter 7 Jahre | 30 | 30 |
| 7 bis unter 10 Jahre | 45 | 45 |
| 10 bis unter 13 Jahre | 65 | 65 |
| 13 bis unter 15 Jahre | 85 | 85 |
| 15 bis unter 19 Jahre | 105 | 90 |
| Erwachsene** | ||
| 19 bis unter 25 Jahre | 110 | 95 |
| 25 bis unter 51 Jahre | 110 | 95 |
| 51 bis unter 65 Jahre | 110 | 95 |
| 65 Jahre und älter | 110 | 95 |
| Schwangere (ab 4. Monat) | – | 105 |
| Stillende | – | 125 |
**Für Raucher: 155 mg/Tag (Männer) bzw. 135 mg/Tag (Frauen).
In der Regel ist Vitamin C über eine ausgewogene Ernährung leicht zu decken. Wer jedoch raucht, sich stark körperlich belastet oder unter Stress steht, sollte auf eine höhere Zufuhr achten. Auch in der Schwangerschaft, Stillzeit und bei bestimmten Erkrankungen lohnt es sich, die tägliche Vitamin-C-Aufnahme bewusst im Blick zu behalten.
Von Paprika bis Sanddorn – die besten Vitamin-C-Quellen und wie man sie schützt

Eine ausreichende Versorgung mit Vitamin C lässt sich i. d. R. problemlos über eine ausgewogene Ernährung erreichen. Dabei lohnt es sich, über den Tellerrand der klassischen Orange hinauszuschauen. Entscheidend ist jedoch nicht nur, was auf den Teller kommt, sondern auch, wie es dorthin gelangt.
Die Top-Lieferanten aus der Natur – mehr als nur Zitrusfrüchte
Der Glaube, Orangen seien die unangefochtenen Vitamin-C-Könige, ist weit verbreitet, aber nicht korrekt. Mit rund 50 mg pro 100 g sind sie zwar eine gute Quelle, werden jedoch von vielen anderen Obst- und Gemüsesorten deutlich übertroffen.
Die wahren Champions sind oft weniger bekannt: Die Acerolakirsche (bis zu 4.500 mg/100 g) und die Hagebutte (etwa 1.250 mg/100 g) sind absolute Spitzenreiter. Aber auch leichter verfügbare Lebensmittel sind wahre Kraftpakete. Dazu zählen Sanddorn (ca. 200–1.300 mg/100 g), schwarze Johannisbeeren (ca. 175 mg/100 g) und insbesondere rote Paprika (ca. 140 mg/100 g), die ein Vielfaches des Gehalts einer Orange liefern.
Auch im Gemüsebeet finden sich exzellente Quellen, die häufig unterschätzt werden. Dazu zählen Brokkoli und Rosenkohl (jeweils ca. 115 mg/100 g) sowie Grünkohl (ca. 105 mg/100 g). Selbst frische Kräuter wie Petersilie (ca. 160 mg/100 g) strotzen vor Vitamin C, auch wenn die verzehrten Mengen meist gering sind.
Die folgenden Listen zeigen ausgewählte Lebensmittel und ihren durchschnittlichen Vitamin-C-Gehalt je 100 g. Die Werte können je nach Sorte, Reifegrad und Lagerung variieren:
Obst
- Acerola-Kirsche – 1.700–4.500 mg
- Hagebutten – 450–1.250 mg
- Sanddornbeeren – 200–1.300 mg
- Schwarze Johannisbeeren – 175 mg
- Kiwi – 80–100 mg
- Grapefruit – 79 mg
- Erdbeeren – 57–65 mg
- Zitrone – 53 mg
- Orange – 50 mg
- Mandarine – 45 mg
- Apfel (Sorte Braeburn) – 24–35 mg
- Ananas – 19–48 mg
- Himbeeren – 25 mg
- Heidelbeeren – 20–22 mg
- Banane – 8,7–12 mg
Gemüse & Kräuter
- Petersilie – 160 mg
- Bärlauch – 150 mg
- Paprika, rot – 140 mg
- Paprika, gelb – 120-135 mg
- Paprika, grün – 120 mg
- Brokkoli – 115 mg
- Rosenkohl – 112 mg
- Grünkohl – 105 mg
- Fenchel – 93 mg
- Kohlrabi – 63 mg
- Spinat – 51 mg
- Weißkohl – 45–50 mg
- Sauerkraut – 20–30 mg
- Tomate – 25 mg
- Kartoffeln, gekocht – 9,0–14 mg
Den Tagesbedarf eines Erwachsenen kann man bereits mit einer halben roten Paprika und einem kleinen Glas Orangensaft decken.
Alltagstipp – so deckst du deinen Vitamin-C-Bedarf: Fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag (je etwa 110 g) – das empfiehlt die DGE. Wer abwechslungsreich isst und Obst möglichst mit Schale genießt, ist i. d. R. optimal mit Vitamin C und anderen wichtigen Nährstoffen versorgt.
Der Feind im Topf und im Regal: Vitaminverluste minimieren
Der reine Nährwertgehalt eines rohen Lebensmittels ist nur die eine Hälfte der Gleichung. Die tatsächlich im Körper ankommende Menge an Vitamin C hängt entscheidend von der Lagerung und der Zubereitung ab. Vitamin C zählt zu den empfindlichsten Vitaminen und wird durch Hitze, Licht, Sauerstoff sowie langes Wässern leicht zerstört.
Verluste durch Lagerung
Der Abbau von Vitamin C beginnt unmittelbar nach der Ernte24Giannakourou, M. C., & Taoukis, P. S. (2021). Effect of Alternative Preservation Steps and Storage on Vitamin C Stability in Fruit and Vegetable Products: Critical Review and Kinetic Modelling Approaches. Foods (Basel, Switzerland), 10(11), 2630. https://doi.org/10.3390/foods10112630.. Dabei spielt die Temperatur eine entscheidende Rolle: Eine Erhöhung um 10 °C kann die Abbaurate bereits verdoppeln25Cantwell, M. (2011, July 8). Postharvest handling: Maintaining quality and safety for farmers’ and other local markets [Workshop presentation]. University of California, Davis. https://ucanr.edu/sites/default/files/2020-11/339182.pdf.. Spinat ist besonders empfindlich. Selbst bei kühler Lagerung bei 4 °C kann ungewaschener Spinat innerhalb von zwei Tagen rund 35 % seines Vitamin-C-Gehalts verlieren26Dewhirst, R. A., Clarkson, G. J. J., Rothwell, S. D., & Fry, S. C. (2017). Novel insights into ascorbate retention and degradation during the washing and post-harvest storage of spinach and other salad leaves. Food chemistry, 233, 237–246. https://doi.org/10.1016/j.foodchem.2017.04.082.. Bei gewaschenem Spinat ist der Verlust noch drastischer. Bei älteren Spinatpflanzen können nach drei Tagen sogar schon 80 % abgebaut sein. Eine kühle und dunkle Lagerung ist daher ideal, um diesen Prozess zu verlangsamen. Auch bei Äpfeln kommt es zu erheblichen Verlusten. So wiesen die Sorten „Golden Delicious“ und „Red Delicious“ nach fünf Monaten gekühlter Lagerung einen Vitamin-C-Verlust zwischen 40 % und 85 % auf, abhängig von der genauen Lagermethode27Ferreira, C., Ribeiro, C., & Nunes, F. M. (2024). Effect of storage conditions on phenolic composition, vitamin C and antioxidant activity of ‚Golden Delicious‘ and ‚Red Delicious‘ apples. Postharvest Biology and Technology, 210, 112754. https://doi.org/10.1016/j.postharvbio.2023.112754..
Verluste durch Zubereitung
Da Vitamin C wasserlöslich und hitzeempfindlich ist, sind Garmethoden mit viel Wasser und langen Garzeiten besonders verlustreich. Wie hoch die tatsächlichen Verluste ausfallen, hängt dabei stark von der Gemüsesorte und der gewählten Methode ab, wie eine Studie exemplarisch zeigt28Lee, S., Choi, Y., Jeong, H. S., Lee, J., & Sung, J. (2017). Effect of different cooking methods on the content of vitamins and true retention in selected vegetables. Food science and biotechnology, 27(2), 333–342. https://doi.org/10.1007/s10068-017-0281-1..
- Kochen: Das Garen in sprudelndem Wasser führt zu den größten Verlusten an Vitamin C. Dies liegt daran, dass das Vitamin nicht nur durch die Hitze zerstört, sondern auch in das Kochwasser ausgelaugt wird. So verlor beispielsweise Spinat beim Kochen rund 60 % seines Vitamin C, Brokkoli etwa 47 %.
- Schonende Methoden: Deutlich besser schneiden Garmethoden ab, bei denen das Gemüse weniger Kontakt mit Wasser hat. Beim Dämpfen bleiben die Nährstoffe besser erhalten; Zucchini verlor hierbei nur etwa 11 % an Vitamin C. Am schonendsten war in der Studie das Garen in der Mikrowelle, bei dem Spinat, Karotten und Brokkoli über 90 % ihres ursprünglichen Vitamin-C-Gehalts behielten.
Die tatsächliche („effektive“) Vitamin-C-Aufnahme hängt also sowohl vom ursprünglichen Gehalt als auch von der Sorgfalt bei Lagerung und Zubereitung ab. In der Praxis kann eine rohe rote Paprika somit ein deutlich besserer Vitamin-C-Lieferant sein als ursprünglich Vitamin-C-reiches, aber lange gekochtes Gemüse wie Brokkoli.
Mangel und Überfluss – die zwei Extreme der Vitamin-C-Versorgung
Während die Deckung des täglichen Bedarfs im Fokus steht, ist es ebenso wichtig, die Konsequenzen eines Mangels sowie die Risiken einer übermäßigen Zufuhr zu verstehen.
Wenn das Vitamin fehlt: Von Müdigkeit bis Skorbut
Ein Vitamin-C-Mangel entwickelt sich meist schleichend. Die ersten Anzeichen sind oft unspezifisch und werden leicht anderen Ursachen zugeschrieben: anhaltende Müdigkeit, allgemeine Abgeschlagenheit, Reizbarkeit, erhöhte Infektanfälligkeit sowie unspezifische Muskel- oder Gelenkschmerzen.
Hält der Mangel über Monate an, kann sich das Vollbild des Skorbuts entwickeln, das direkt auf eine gestörte Kollagensynthese zurückzuführen ist. Typische Symptome sind29Maxfield L, Daley SF, Crane JS. Vitamin C Deficiency. [Updated 2023 Nov 12]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2025 Jan-. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK493187/.:
- Zahnfleisch: Gingivaschwellung, „schwammiges“ Gewebe, leichte Blutungen, Entzündungen bis hin zum Zahnausfall.
- Haut: Perifollikuläre Petechien (punktförmige Einblutungen um Haarfollikel), follikuläre Hyperkeratose und „Korkenzieherhaare“.
- Wundheilung: Selbst kleine Verletzungen heilen sehr schlecht.
- Bewegungsapparat: Subperiostale und intraartikuläre Blutungen können starke Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und sekundär Muskelschwund begünstigen.
Bei Säuglingen und Kindern stehen u. a. gehemmtes Knochenwachstum, Schmerzen bei Bewegung und Appetitlosigkeit im Vordergrund (klassisch: „Pseudoparalyse” durch Schmerzen). Schwerer Skorbut ist in Industrieländern selten, kann aber bei Risikogruppen auftreten, beispielsweise bei schwerer Mangelernährung, Alkoholabhängigkeit oder bestimmten Essstörungen.
Kann man zu viel des Guten haben? Überdosierung und Höchstmengen
Die Sorge vor einer Überdosierung von Vitamin C betrifft nahezu ausschließlich hochdosierte Nahrungsergänzungsmittel und nicht die normale Ernährung. Vitamin C ist wasserlöslich, sodass Überschüsse überwiegend über die Nieren ausgeschieden werden. Eine gesundheitsschädliche Überdosierung allein durch den Verzehr von Obst und Gemüse ist praktisch nicht zu erreichen.
Bei sehr hohen Dosierungen von Supplementen (3–4 g pro Tag) treten am häufigsten gastrointestinale Beschwerden (osmotisch bedingte Blähungen, Bauchkrämpfe, Übelkeit und Durchfall) auf30European Food Safety Authority. (2006). Tolerable upper intake levels for vitamins and minerals. Scientific Committee on Food; Scientific Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies. https://www.efsa.europa.eu/sites/default/files/efsa_rep/blobserver_assets/ndatolerableuil.pdf..
- EFSA: Es gibt keinen offiziellen UL (Tolerable Upper Intake Level). Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) stuft zusätzliche Aufnahmen von bis zu 1.000 mg pro Tag für gesunde Erwachsene im Regelfall als unbedenklich ein.
- BfR (Deutschland): Aus vorsorglichem Verbraucherschutz empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine Höchstmenge von 250 mg pro Tagesdosis in Nahrungsergänzungsmitteln, u. a. weil mehrere angereicherte Produkte parallel konsumiert werden können.
Besondere Vorsicht ist geboten bei Menschen mit Nierenerkrankungen oder einer Neigung zu Nierensteinen, da die Oxalatbildung begünstigt werden kann, sowie bei Eisenüberladungen (z. B. Hämochromatose), da Vitamin C die Aufnahme von Nicht-Häm-Eisen erhöhen kann.
In der Krebstherapie kann hochdosiertes Vitamin C potenziell mit bestimmten Chemotherapeutika (z. B. Vincristin, Doxorubicin, Methotrexat, Cisplatin, Imatinib) interagieren31Moses G. (2021). The safety of commonly used vitamins and minerals. Australian prescriber, 44(4), 119–123. https://doi.org/10.18773/austprescr.2021.029.. Die Datenlage ist kontrovers. Eine Anwendung sollte daher nur nach Rücksprache mit dem onkologischen Team erfolgen.
Vitamin C unter der Lupe: Mythen und Fakten aus der Forschung

Um Vitamin C ranken sich zahlreiche Mythen, insbesondere in Bezug auf Erkältungen, Hautpflege und Krebstherapie. Eine evidenzbasierte Betrachtung zeigt, dass die Wirkung von Vitamin C stark vom Kontext, der Dosis und der Verabreichungsform abhängt. Entscheidend ist die Unterscheidung zwischen seiner Rolle als Nährstoff in der Ernährung, als Supplement in moderat hohen Dosen und als pharmakologisches Mittel in extrem hohen, intravenös verabreichten Dosen.
Vitamin C als Erkältungskiller? Mythos und Realität
Die Behauptung, Vitamin C könne Erkältungen verhindern, ist weit verbreitet, doch die wissenschaftliche Evidenz zeichnet ein differenzierteres Bild32Bucher, A., & White, N. (2016). Vitamin C in the Prevention and Treatment of the Common Cold. American journal of lifestyle medicine, 10(3), 181–183. https://doi.org/10.1177/1559827616629092.:
Keine Prävention für die Allgemeinbevölkerung
Die regelmäßige, vorbeugende Einnahme von Vitamin C verhindert das Auftreten von Erkältungen in der Normalbevölkerung nicht33Gómez, E., Quidel, S., Bravo-Soto, G., & Ortigoza, Á. (2018). Does vitamin C prevent the common cold?. ¿Previene la vitamina C el resfrío común?. Medwave, 18(4), e7235. https://doi.org/10.5867/medwave.2018.04.7236.. Eine große Meta-Analyse mit über 11.000 Teilnehmern zeigte hier keinen relevanten Effekt34Hemilä, H., & Chalker, E. (2013). Vitamin C for preventing and treating the common cold. The Cochrane database of systematic reviews, 2013(1), CD000980. https://doi.org/10.1002/14651858.CD000980.pub4..
Verkürzte Dauer und mildere Symptome
Bei regelmäßiger vorbeugender Einnahme kann die Dauer eines grippalen Infekts moderat verkürzt werden – um etwa 8 % bei Erwachsenen und 14 % bei Kindern. Auch die Symptomschwere kann etwas geringer ausfallen. Eine weitere Meta-Analyse, die Vitamin C als Zusatztherapie zu antiviralen Medikamenten untersuchte, bestätigte ebenfalls eine signifikante Verkürzung der Zeit bis zur Symptomlinderung und Heilung35Ran, L., Zhao, W., Wang, H., Zhao, Y., & Bu, H. (2020). Vitamin C as a Supplementary Therapy in Relieving Symptoms of the Common Cold: A Meta-Analysis of 10 Randomized Controlled Trials. BioMed research international, 2020, 8573742. https://doi.org/10.1155/2020/8573742.. Andere Analysen kamen jedoch zu dem Schluss, dass Vitamin C insgesamt nur einen minimalen oder gar keinen Einfluss auf die Erkältungsdauer hat36Quidel, S., Gómez, E., Bravo-Soto, G., & Ortigoza, Á. (2018). What are the effects of vitamin C on the duration and severity of the common cold?. ¿Cuál es el efecto del tratamiento con vitamina C en la duración y severidad del resfrío común?. Medwave, 18(6), e7261. https://doi.org/10.5867/medwave.2018.06.7260..
Sonderfall Extremsport/akute Belastung
Eine Ausnahme bilden Personen, die kurzzeitig extremer körperlicher Belastung ausgesetzt sind (z. B. Marathonläufer, Skifahrer oder Soldaten im Wintertraining). Bei dieser Gruppe halbierte eine präventive Einnahme von Vitamin C das Erkältungsrisiko.
Therapeutische Einnahme nach Symptombeginn
Beginnt man mit der Einnahme von Vitamin C erst nach dem Ausbruch der Erkältung, zeigen die bisherigen Studien keinen konsistenten Nutzen hinsichtlich der Dauer oder der Schwere der Symptome. Es gibt jedoch Hinweise aus einzelnen Studien, dass sehr hohe Dosen (z. B. 8 g am ersten Tag) einen gewissen Nutzen haben könnten, was aber weiterer Forschung bedarf.
Fazit: Eine routinemäßige Supplementierung zur Erkältungsprävention ist für die Allgemeinbevölkerung nicht gerechtfertigt. Lediglich für Menschen unter kurzzeitiger, extremer körperlicher Belastung könnte eine vorbeugende Einnahme sinnvoll sein. Bei einer bestehenden Erkältung kann Vitamin C als Begleittherapie möglicherweise die Symptomdauer etwas verkürzen.
Schönheit von innen und außen: Vitamin C für die Haut
Im Bereich Dermatologie/Kosmetik ist Vitamin C ein gut erforschter Wirkstoff. Seine positiven Effekte auf die Haut leiten sich v. a. aus seiner antioxidativen Wirkung und seiner Rolle in der Kollagensynthese ab.37Telang P. S. (2013). Vitamin C in dermatology. Indian dermatology online journal, 4(2), 143–146. https://doi.org/10.4103/2229-5178.110593.
Schutz vor Lichtalterung (Photoaging)
Wenn Vitamin C topisch in Form eines Serums oder einer Creme aufgetragen wird, neutralisiert es freie Radikale aus UV-Strahlung und Umweltbelastung. Diese können sonst zum Kollagenabbau, zu Fältchen und Hyperpigmentierungen beitragen.
Ankurbelung der Kollagenproduktion
Vitamin C unterstützt Fibroblasten bei der Kollagenbildung, sodass die Haut fester und elastischer wirken kann und feine Linien reduziert erscheinen.
Evidenz für die topische Anwendung
Studien zeigen Effekte, wenn Vitamin-C-Produkte über Wochen bis Monate angewendet werden38Sanabria, B., Berger, L. E., Mohd, H., Benoit, L., Truong, T. M., Michniak-Kohn, B. B., & Rao, B. K. (2023). Clinical Efficacy of Topical Vitamin C on the Appearance of Wrinkles: A Systematic Literature Review. Journal of drugs in dermatology : JDD, 22(9), 898–904. https://doi.org/10.36849/JDD.7332. 39Correia, G., & Magina, S. (2023). Efficacy of topical vitamin C in melasma and photoaging: A systematic review. Journal of cosmetic dermatology, 22(7), 1938–1945. https://doi.org/10.1111/jocd.15748. 40Al-Niaimi, F., & Chiang, N. Y. Z. (2017). Topical Vitamin C and the Skin: Mechanisms of Action and Clinical Applications. The Journal of clinical and aesthetic dermatology, 10(7), 14–17. 41Farris P. K. (2005). Topical vitamin C: a useful agent for treating photoaging and other dermatologic conditions. Dermatologic surgery : official publication for American Society for Dermatologic Surgery [et al.], 31(7 Pt 2), 814–818. https://doi.org/10.1111/j.1524-4725.2005.31725.. In der Praxis liegen wirksame Formulierungen von L-Ascorbinsäure meist bei 10–20 %. Ab einer Konzentration von etwa 8–10 % gilt diese oft als praxisrelevant (auch bei 5 % über längere Anwendungszeiträume wirksam)42Al-Niaimi, F., & Chiang, N. Y. Z. (2017). Topical Vitamin C and the Skin: Mechanisms of Action and Clinical Applications. The Journal of clinical and aesthetic dermatology, 10(7), 14–17.. Entscheidend ist die Formulierung: Ein pH-Wert von unter 3,5, eine geeignete Verpackung und ein Lichtschutz bestimmen die Stabilität und Penetration. Ascorbat-Derivate benötigen teils andere Einsatzkonzentrationen und setzen die Ascorbinsäure erst in der Haut frei43Pinnell, S. R., Yang, H., Omar, M., Monteiro-Riviere, N., DeBuys, H. V., Walker, L. C., Wang, Y., & Levine, M. (2001). Topical L-ascorbic acid: percutaneous absorption studies. Dermatologic surgery : official publication for American Society for Dermatologic Surgery [et al.], 27(2), 137–142. https://doi.org/10.1046/j.1524-4725.2001.00264.x..
Ein Funken Hoffnung? Hochdosis-Therapie bei Krebs
In der Komplementär- und Alternativmedizin werden hochdosierte intravenöse Vitamin-C-Infusionen bei Krebspatienten eingesetzt44Zasowska-Nowak, A., Nowak, P. J., & Ciałkowska-Rysz, A. (2021). High-Dose Vitamin C in Advanced-Stage Cancer Patients. Nutrients, 13(3), 735. https://doi.org/10.3390/nu13030735. 45Mussa, A., Mohd Idris, R. A., Ahmed, N., Ahmad, S., Murtadha, A. H., Tengku Din, T. A. D. A. A., Yean, C. Y., Wan Abdul Rahman, W. F., Mat Lazim, N., Uskoković, V., Hajissa, K., Mokhtar, N. F., Mohamud, R., & Hassan, R. (2022). High-Dose Vitamin C for Cancer Therapy. Pharmaceuticals (Basel, Switzerland), 15(6), 711. https://doi.org/10.3390/ph15060711.. Dabei wird Vitamin C in Konzentrationen eingesetzt, die oral nicht erreicht werden können. Die Aufnahme über den Darm ist bereits bei Einzeldosen von etwa 200 mg gesättigt, weshalb höhere orale Dosen den Blutspiegel nur sehr begrenzt erhöhen können46Lykkesfeldt, J., Carr, A. C., & Tveden-Nyborg, P. (2025). The pharmacology of vitamin C. Pharmacological reviews, 77(2), 100043. https://doi.org/10.1016/j.pharmr.2025.100043.8 47Wang, X., He, J., Sun, M., Wang, S., Qu, J., Shi, H., & Rao, B. (2025). High-dose vitamin C as a metabolic treatment of cancer: a new dimension in the era of adjuvant and intensive therapy. Clinical & translational oncology : official publication of the Federation of Spanish Oncology Societies and of the National Cancer Institute of Mexico, 27(4), 1366–1382. https://doi.org/10.1007/s12094-024-03553-x.. Nur durch eine intravenöse Gabe lassen sich die für eine mögliche therapeutische Wirkung nötigen hohen Konzentrationen im Millimolar-Bereich im Blut erzielen48Böttger, F., Vallés-Martí, A., Cahn, L., & Jimenez, C. R. (2021). High-dose intravenous vitamin C, a promising multi-targeting agent in the treatment of cancer. Journal of experimental & clinical cancer research : CR, 40(1), 343. https://doi.org/10.1186/s13046-021-02134-y. 49Ngo, B., Van Riper, J. M., Cantley, L. C., & Yun, J. (2019). Targeting cancer vulnerabilities with high-dose vitamin C. Nature reviews. Cancer, 19(5), 271–282. https://doi.org/10.1038/s41568-019-0135-7..
Die wissenschaftliche Datenlage zur Wirksamkeit beim Menschen ist jedoch dünn und heterogen.
- Präklinische Daten: In Zellkulturen und Tiermodellen zeigt hochdosiertes, intravenös verabreichtes Vitamin C tumorhemmende Effekte und kann das Tumorwachstum verlangsamen. Diese vielversprechenden Ergebnisse aus der Grundlagenforschung bilden die Rationale für die klinische Anwendung.
- Klinische Daten: Beim Menschen ist die Evidenz für eine lebensverlängernde oder tumorreduzierende Wirkung sehr begrenzt. Dies liegt v. a. daran, dass es an großen, randomisierten und gut kontrollierten Phase-III-Studien mangelt. Die vorhandenen Hinweise deuten eher auf eine mögliche Verbesserung der Lebensqualität und eine Linderung von Symptomen wie Fatigue oder Schmerzen hin, nicht aber auf harte Endpunkte wie das Überleben.
- Keine anerkannte Krebstherapie: Aufgrund der unzureichenden Beweislage empfehlen onkologische Fachgesellschaften hochdosiertes intravenöses Vitamin C derzeit nicht als Standardtherapie zur Krebsbehandlung.
Mögliche Wechselwirkungen: Die Wirkungsweise einiger Chemo- und Strahlentherapien beruht auf der Erzeugung von oxidativem Stress in Krebszellen. Da hochdosierte Antioxidantien wie Vitamin C mit diesen Mechanismen interagieren können, ist eine Abschwächung der Therapieeffekte theoretisch möglich und Gegenstand kontroverser Forschung50Jiang, H., Zuo, J., Li, B., Chen, R., Luo, K., Xiang, X., Lu, S., Huang, C., Liu, L., Tang, J., & Gao, F. (2023). Drug-induced oxidative stress in cancer treatments: Angel or devil?. Redox biology, 63, 102754. https://doi.org/10.1016/j.redox.2023.102754. 51Guo, D., Liao, Y., Na, J., Wu, L., Yin, Y., Mi, Z., Fang, S., Liu, X., & Huang, Y. (2024). The Involvement of Ascorbic Acid in Cancer Treatment. Molecules (Basel, Switzerland), 29(10), 2295. https://doi.org/10.3390/molecules29102295.. Gleichzeitig gibt es Studien, die auf einen möglichen synergistischen, also verstärkenden, Effekt hinweisen52Cao, X., Yi, Y., Ji, M., Liu, Y., Wang, D., & Zhu, H. (2025). The dual role of vitamin C in cancer: from antioxidant prevention to prooxidant therapeutic applications. Frontiers in medicine, 12, 1633447. https://doi.org/10.3389/fmed.2025.1633447. 53Villagran, M., Ferreira, J., Martorell, M., & Mardones, L. (2021). The Role of Vitamin C in Cancer Prevention and Therapy: A Literature Review. Antioxidants (Basel, Switzerland), 10(12), 1894. https://doi.org/10.3390/antiox10121894. 54Gillberg, L., Ørskov, A. D., Liu, M., Harsløf, L. B. S., Jones, P. A., & Grønbæk, K. (2018). Vitamin C – A new player in regulation of the cancer epigenome. Seminars in cancer biology, 51, 59–67. https://doi.org/10.1016/j.semcancer.2017.11.001.. Das Thema bleibt jedoch umstritten55Jacobs, C., Hutton, B., Ng, T., Shorr, R., & Clemons, M. (2015). Is there a role for oral or intravenous ascorbate (vitamin C) in treating patients with cancer? A systematic review. The oncologist, 20(2), 210–223. https://doi.org/10.1634/theoncologist.2014-0381.. Eine Anwendung sollte daher grundsätzlich nur nach Rücksprache mit dem behandelnden onkologischen Team erfolgen; bei einzelnen Behandlungsschemata wird ausdrücklich von der zusätzlichen Gabe von Antioxidantien abgeraten.
Ein Fazit für den Alltag
Vitamin C ist ein unbestreitbares Multitalent und für zahlreiche lebenswichtige Prozesse im gesamten Organismus unerlässlich. Es unterstützt das Immunsystem, hilft beim Aufbau von Bindegewebe und schützt unsere Zellen vor oxidativem Stress. Seine Präsenz ist für unsere Gesundheit unerlässlich.
Die wichtigste Erkenntnis ist jedoch, dass der empfohlene Tagesbedarf für die meisten Menschen leicht und sicher durch eine ausgewogene Ernährung gedeckt werden kann. Die wahre Kraft von Vitamin C liegt nicht in hochdosierten Pillen, sondern in der Vielfalt frischer Lebensmittel. Eine Ernährung, die reich an Obst und Gemüse wie Paprika, Beeren, Zitrusfrüchten und insbesondere Kohlgemüse ist, liefert nicht nur ausreichend Vitamin C, sondern auch ein breites Spektrum weiterer schützender Pflanzenstoffe. Durch eine schonende Zubereitung – Dämpfen statt Kochen, kurze Garzeiten und die Verwendung der Garflüssigkeit – stellen wir sicher, dass dieses wertvolle Vitamin auch tatsächlich auf dem Teller und im Körper ankommt.
Nahrungsergänzungsmittel können in bestimmten Situationen, etwa für Risikogruppen wie Rauchern oder bei nachgewiesenem Mangel, eine sinnvolle Ergänzung sein. Hierbei bieten die Höchstmengenempfehlungen des BfR eine sichere Orientierung. Für die Allgemeinheit gilt jedoch: Eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung ist die beste und effektivste Quelle. Ein fundiertes, auf wissenschaftlicher Evidenz basierendes Verständnis hilft dabei, Mythen von Fakten zu trennen und informierte Entscheidungen für die eigene Gesundheit zu treffen.








