Fitnesstracker sind längst mehr als ein kurzlebiger Hype. Laut der jährlichen globalen Umfrage des renommierten American College of Sports Medicine (ACSM), an der 2.000 Experten aus den Bereichen Medizin, Forschung und Fitness teilnehmen, ist „Wearable Technology“ der Fitnesstrend Nr. 1 für das Jahr 2025. Diese Spitzenposition hält sich – mit nur wenigen Unterbrechungen – seit dem ersten Auftauchen in der Umfrage im Jahr 2016, was die starke Prägung der Gesundheits- und Fitnesswelt durch die kleinen digitalen Begleiter zeigt.1Newsome, A. M., Batrakoulis, A., Camhi, S. M., McAvoy, C., Sansone, J., & Reed, R. M. (2024). 2025 ACSM worldwide fitness trends: Future directions of the health and fitness industry. ACSM’s Health & Fitness Journal, 28(6), 11–25. https://doi.org/10.1249/FIT.0000000000001017.
Doch was genau ist eigentlich mit dem Begriff „Wearable Technology“ gemeint? Im Kern sind es tragbare elektronische Geräte, die direkt am Körper sitzen, wie etwa Smartwatches, Fitnessarmbänder oder smarte Ringe. Sie messen Vitaldaten wie Herzfrequenz, Schlaf oder Bewegung und liefern damit jede Menge Informationen über unseren Alltag. Große Marken wie Apple, Garmin, Samsung oder Fitbit (inzwischen Teil von Google) dominieren den Markt – und der Boom hält an. Allein in Deutschland soll der Umsatz mit Fitnesstrackern bis 2030 auf über 7,8 Milliarden US-Dollar steigen2Grand View Research (2025). Germany fitness tracker market size & outlook, 2024-2030. https://www.grandviewresearch.com/horizon/outlook/fitness-tracker-market/germany..
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Besonders beliebt sind Fitnesstracker & Co. bei Jüngeren: So nutzen 33 % der 10- bis 24-Jährigen und 30 % der 25- bis 44-Jährigen sie bereits regelmäßig. In der Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen liegt der Anteil bei 19 %, bei den über 65-Jährigen immerhin noch bei 8 %.3Statistisches Bundesamt (Destatis) (2020). 23 % der Internetnutzerinnen und -nutzer verwenden Smart Watches, Fitnessarmbänder und Co. https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2020/PD20_39_p002.html#:~:text=WIESBADEN%20%E2%80%93%2015%2C5%20Millionen%20der,genutzt.
Doch sind diese Geräte wirklich der Schlüssel zu mehr Gesundheit und Motivation oder setzen sie uns nur zusätzlichen Druck aus? In diesem Artikel beleuchten wir die aktuelle Studienlage und werfen einen kritischen Blick auf die Chancen und Risiken von Fitnesstrackern. Du erfährst, wann sie sinnvoll sind, wann sie Stress verursachen können und worauf es wirklich ankommt, wenn du sie als Werkzeug für deine Gesundheit nutzen möchtest.
Denn eines ist klar: Wearables sind längst kein isoliertes Phänomen mehr. Laut der ACSM-Umfrage zählen neben „Wearable Technology“ (#1) auch „Mobile Trainings-Apps“ (#2) und „datengetriebene Trainingstechnologien“ (#7) zu den Top-10-Fitnesstrends. Gemeinsam bilden sie ein digitales Ökosystem: Ein Tracker sammelt Daten, die App wertet sie aus und Algorithmen geben Empfehlungen für das nächste Training.
Wer sich also für ein Wearable entscheidet, kauft nicht nur ein Gerät, sondern steigt in eine ganze Philosophie der Selbstoptimierung ein – mit allen Chancen, aber auch Fallstricken in Bezug auf den Datenschutz und die mentale Belastung.
Evidenzlage: Was sagt die Wissenschaft?
Um die Diskussion über den tatsächlichen Nutzen von Fitnesstrackern besser einzuordnen, lohnt sich ein Blick in die wissenschaftliche Forschung. Die Ergebnisse zeichnen ein differenziertes Bild. Während die Auswirkungen auf das Körpergewicht bislang uneinheitlich ausfallen, zeigen zahlreiche Studien, dass sich die körperliche Aktivität durch Wearables nachweislich steigern lässt.
Das komplexe Bild beim Gewichtsverlust
Eine der bekanntesten und meistzitierten Studien zur Wirksamkeit von Fitnesstrackern wurde im Journal of the American Medical Association (JAMA) veröffentlicht – mit einem überraschenden Ergebnis4Jakicic, J. M., Davis, K. K., Rogers, R. J., King, W. C., Marcus, M. D., Helsel, D., Rickman, A. D., Wahed, A. S., & Belle, S. H. (2016). Effect of Wearable Technology Combined With a Lifestyle Intervention on Long-term Weight Loss: The IDEA Randomized Clinical Trial. JAMA, 316(11), 1161–1171. https://doi.org/10.1001/jama.2016.12858.. An der zweijährigen Untersuchung nahmen 471 junge Erwachsene im Alter von 18 bis 35 Jahren mit Übergewicht oder Adipositas teil. Alle Teilnehmer erhielten eine kalorienreduzierte Diät, einen Trainingsplan sowie regelmäßige Gruppensitzungen. Nach sechs Monaten wurde die Gruppe geteilt: Die eine Hälfte erhielt weiterhin die Standard-Unterstützung in Form von Telefonberatung und SMS-Erinnerungen, während die andere Hälfte zusätzlich einen Fitnesstracker erhielt, um ihre Aktivität und ihren Kalorienverbrauch zu überwachen.
Das Ergebnis nach 24 Monaten war verblüffend: Die Gruppe ohne Fitnesstracker hatte im Durchschnitt signifikant mehr Gewicht verloren (ca. 5,9 kg) als die Gruppe mit Tracker (ca. 3,5 kg).
Auf den ersten Blick scheint dies darauf hinzudeuten, dass Fitnesstracker dem Abnehmen eher im Weg stehen könnten. Allerdings wurde die Studie in der Fachwelt intensiv diskutiert. Kritiker wiesen darauf hin, dass das verwendete Gerät (ein Oberarm-Tracker) zum Studienzeitpunkt bereits veraltet war, die Teilnehmer es nur unregelmäßig trugen und das Studiendesign methodische Schwächen aufwies. Ein genauerer Blick auf die Gesamtlage der Forschung zeichnet daher ein deutlich differenzierteres Bild.
Was zeigen systematische Reviews und Meta-Analysen?
Um die Ergebnisse einzelner Studien besser einzuordnen, lohnt sich ein Blick auf größere Datensammlungen. Systematische Reviews und Meta-Analysen, die viele Studien zusammenfassen, zeigen ein deutlich konsistenteres Muster:
- Eine übergreifende Analyse von systematischen Übersichtsarbeiten bestätigte, dass Wearables zu einer kleinen, aber signifikanten Reduktion von Körpergewicht (-1,0 kg) und Body-Mass-Index (-0,5 kg/m²) führen5Ferguson, T., Olds, T., Curtis, R., Blake, H., Crozier, A. J., Dankiw, K., Dumuid, D., Kasai, D., O'Connor, E., Virgara, R., & Maher, C. (2022). Effectiveness of wearable activity trackers to increase physical activity and improve health: a systematic review of systematic reviews and meta-analyses. The Lancet. Digital health, 4(8), e615–e626. https://doi.org/10.1016/S2589-7500(22)00111-X..
- Gezielt bei übergewichtigen und adipösen Erwachsenen zeigten Meta-Analysen einen zusätzlichen Gewichtsverlust von durchschnittlich -1,08 kg6Wong, S. H., Tan, Z. Y. A., Cheng, L. J., & Lau, S. T. (2022). Wearable technology-delivered lifestyle intervention amongst adults with overweight and obese: A systematic review and meta-regression. International journal of nursing studies, 127, 104163. https://doi.org/10.1016/j.ijnurstu.2021.104163. 7Tang, Y., Guo, X., Liu, X., Qiu, J., & Yang, J. (2025). Impact of mHealth-Based Lifestyle Interventions on Weight Loss in Overweight/Obese Adults: A Systematic Meta-Analysis. Journal of general internal medicine, 10.1007/s11606-025-09841-8. Advance online publication. https://doi.org/10.1007/s11606-025-09841-8. bis -1,61 kg8Dehghan Ghahfarokhi, A., Vosadi, E., Barzegar, H., & Saatchian, V. (2022). The Effect of Wearable and Smartphone Applications on Physical Activity, Quality of Life, and Cardiovascular Health Outcomes in Overweight/Obese Adults: A Systematic Review and Meta-analysis of Randomized Controlled Trials. Biological research for nursing, 24(4), 503–518. https://doi.org/10.1177/10998004221099556..
- Eine systematische Übersichtsarbeit von Protano et al. (2024) stellte fest, dass in zwei Dritteln der Fälle Nutzer*innen digitaler Geräte signifikant mehr Gewicht verloren als Vergleichspersonen. Besonders effektiv waren Interventionen, die personalisiert und professionell begleitet wurden9Protano, C., De Giorgi, A., Valeriani, F., Mazzeo, E., Zanni, S., Cofone, L., D'Ancona, G., Hasnaoui, A., Pindinello, I., Sabato, M., Ubaldi, F., Volpini, V., Romano Spica, V., Vitali, M., & Gallè, F. (2024). Can Digital Technologies Be Useful for Weight Loss in Individuals with Overweight or Obesity? A Systematic Review. Healthcare (Basel, Switzerland), 12(6), 670. https://doi.org/10.3390/healthcare12060670..
- Demgegenüber stehen jedoch auch andere hochwertige Übersichtsarbeiten, die gemischte Ergebnisse oder keine statistisch signifikanten Verbesserungen beim Körpergewicht bzw. für die Gewichtsreduktion feststellen konnten10Mattison, G., Canfell, O., Forrester, D., Dobbins, C., Smith, D., Töyräs, J., & Sullivan, C. (2022). The Influence of Wearables on Health Care Outcomes in Chronic Disease: Systematic Review. Journal of medical Internet research, 24(7), e36690. 11Tang, M. S. S., Moore, K., McGavigan, A., Clark, R. A., & Ganesan, A. N. (2020). Effectiveness of Wearable Trackers on Physical Activity in Healthy Adults: Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials. JMIR mHealth and uHealth, 8(7), e15576. 12Koyama, M., Himuro, N., Nakata, K., Oyatani, K., Shinohara, Y., Ohnishi, H., & Arima, H. (2025). Effects of physical activity-promoting wearable devices on blood pressure in adults: a systematic review and meta-analysis. Hypertension research : official journal of the Japanese Society of Hypertension, 48(10), 2677–2687..
Ein wichtiger Aspekt bei der Bewertung ist die Langzeitwirkung. Studien, in denen die Teilnehmer über einen Zeitraum von einem Jahr oder länger begleitet wurden, weisen auf eine zentrale Herausforderung hin: Die anfängliche Motivation nimmt mit der Zeit ab und viele nutzen ihre Wearables nicht mehr so regelmäßig wie zu Beginn. Dadurch verringert sich auch der anfängliche Vorteil gegenüber traditionellen Methoden, weshalb sich langfristig oft kein deutlich überlegener Effekt nachweisen lässt.13Fawcett, E., Van Velthoven, M. H., & Meinert, E. (2020). Long-Term Weight Management Using Wearable Technology in Overweight and Obese Adults: Systematic Review. JMIR mHealth and uHealth, 8(3), e13461. https://doi.org/10.2196/13461.
Die klare Stärke: Nachweislich mehr Bewegung im Alltag

Fragt man die Wissenschaft, ob Fitnesstracker dabei helfen, aktiver zu werden, lautet die Antwort eindeutig: Ja. Eine Vielzahl systematischer Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen kommt zu dem Ergebnis, dass Interventionen mit Wearables die körperliche Aktivität – allen voran die tägliche Schrittzahl – signifikant steigern.14Ferguson, T., Olds, T., Curtis, R., Blake, H., Crozier, A. J., Dankiw, K., Dumuid, D., Kasai, D., O'Connor, E., Virgara, R., & Maher, C. (2022). Effectiveness of wearable activity trackers to increase physical activity and improve health: a systematic review of systematic reviews and meta-analyses. The Lancet. Digital health, 4(8), e615–e626. https://doi.org/10.1016/S2589-7500(22)00111-X. 15Brickwood, K. J., Watson, G., O'Brien, J., & Williams, A. D. (2019). Consumer-Based Wearable Activity Trackers Increase Physical Activity Participation: Systematic Review and Meta-Analysis. JMIR mHealth and uHealth, 7(4), e11819. https://doi.org/10.2196/11819.
Signifikant mehr Schritte im Alltag
Die Datenlage ist hier erstaunlich konsistent: Die durchgeführten Meta-Analysen zeigen durchweg eine beeindruckend positive Wirkung auf die Schrittzahl. Je nach untersuchter Bevölkerungsgruppe konnten die Teilnehmenden ihre tägliche Schrittzahl im Vergleich zu den Kontrollgruppen erheblich steigern. Heißt: Menschen, die Fitnesstracker nutzen, gehen im Schnitt deutlich mehr Schritte als jene ohne.
Eine große Übersichtsarbeit fasst zusammen, dass Interventionen mit tragbaren Aktivitätstrackern die Schrittzahl im Durchschnitt um etwa 1.800 Schritte pro Tag und die Gehzeit um etwa 40 Minuten pro Tag erhöhten16Ferguson, T., Olds, T., Curtis, R., Blake, H., Crozier, A. J., Dankiw, K., Dumuid, D., Kasai, D., O'Connor, E., Virgara, R., & Maher, C. (2022). Effectiveness of wearable activity trackers to increase physical activity and improve health: a systematic review of systematic reviews and meta-analyses. The Lancet. Digital health, 4(8), e615–e626. https://doi.org/10.1016/S2589-7500(22)00111-X..
Je nach Zielgruppe zeigten Studien folgende Zuwächse:
- Allgemeinbevölkerung / gesunde Erwachsene: durchschnittlich +1.079 bis +1.850 Schritte pro Tag17Li, C., Chen, X., & Bi, X. (2021). Wearable activity trackers for promoting physical activity: A systematic meta-analytic review. International journal of medical informatics, 152, 104487. https://doi.org/10.1016/j.ijmedinf.2021.104487. 18Laranjo, L., Ding, D., Heleno, B., Kocaballi, B., Quiroz, J. C., Tong, H. L., Chahwan, B., Neves, A. L., Gabarron, E., Dao, K. P., Rodrigues, D., Neves, G. C., Antunes, M. L., Coiera, E., & Bates, D. W. (2021). Do smartphone applications and activity trackers increase physical activity in adults? Systematic review, meta-analysis and metaregression. British journal of sports medicine, 55(8), 422–432. https://doi.org/10.1136/bjsports-2020-102892.
- Personen mit chronischen Erkrankungen (z. B. Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen): +1.213 bis +2.592 Schritte pro Tag19Chua, R. E. C., Lau, Y., Ang, W. W., Boey, A. A. Y. F., & Lau, S. T. (2024). Effectiveness of wearable technology-based physical activity interventions for adults with type 2 diabetes mellitus: A systematic review and meta-regression. Journal of diabetes, 16(10), e70002. https://doi.org/10.1111/1753-0407.70002. 20Kirk, M. A., Amiri, M., Pirbaglou, M., & Ritvo, P. (2019). Wearable Technology and Physical Activity Behavior Change in Adults With Chronic Cardiometabolic Disease: A Systematic Review and Meta-Analysis. American journal of health promotion : AJHP, 33(5), 778–791. https://doi.org/10.1177/0890117118816278. 21Franssen, W. M. A., Franssen, G. H. L. M., Spaas, J., Solmi, F., & Eijnde, B. O. (2020). Can consumer wearable activity tracker-based interventions improve physical activity and cardiometabolic health in patients with chronic diseases? A systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. The international journal of behavioral nutrition and physical activity, 17(1), 57. https://doi.org/10.1186/s12966-020-00955-2. 22Hodkinson, A., Kontopantelis, E., Zghebi, S. S., Grigoroglou, C., McMillan, B., Marwijk, H. V., Bower, P., Tsimpida, D., Emery, C. F., Burge, M. R., Esmiol, H., Cupples, M. E., Tully, M. A., Dasgupta, K., Daskalopoulou, S. S., Cooke, A. B., Fayehun, A. F., Houle, J., Poirier, P., Yates, T., … Panagioti, M. (2022). Association Between Patient Factors and the Effectiveness of Wearable Trackers at Increasing the Number of Steps per Day Among Adults With Cardiometabolic Conditions: Meta-analysis of Individual Patient Data From Randomized Controlled Trials. Journal of medical Internet research, 24(8), e36337. https://doi.org/10.2196/36337. 23Dehghan Ghahfarokhi, A., Vosadi, E., Barzegar, H., & Saatchian, V. (2022). The Effect of Wearable and Smartphone Applications on Physical Activity, Quality of Life, and Cardiovascular Health Outcomes in Overweight/Obese Adults: A Systematic Review and Meta-analysis of Randomized Controlled Trials. Biological research for nursing, 24(4), 503–518. https://doi.org/10.1177/10998004221099556..
- Ältere Erwachsene (60+): im Mittel zwischen +1.430 und +1.558 Schritte pro Tag24Wu, S., Li, G., Du, L., Chen, S., Zhang, X., & He, Q. (2023). The effectiveness of wearable activity trackers for increasing physical activity and reducing sedentary time in older adults: A systematic review and meta-analysis. Digital health, 9, 20552076231176705. https://doi.org/10.1177/20552076231176705. 25S Oliveira, J., Sherrington, C., R Y Zheng, E., Franco, M. R., & Tiedemann, A. (2020). Effect of interventions using physical activity trackers on physical activity in people aged 60 years and over: a systematic review and meta-analysis. British journal of sports medicine, 54(20), 1188–1194. https://doi.org/10.1136/bjsports-2018-100324. 26Liu, J. Y., Kor, P. P., Chan, C. P., Kwan, R. Y., & Cheung, D. S. (2020). The effectiveness of a wearable activity tracker (WAT)-based intervention to improve physical activity levels in sedentary older adults: A systematic review and meta-analysis. Archives of gerontology and geriatrics, 91, 104211. https://doi.org/10.1016/j.archger.2020.104211.
Diese Ergebnisse sind bemerkenswert – v. a., weil bereits geringe Steigerungen der Alltagsbewegung messbare positive Effekte auf die Gesundheit sowie auf die Blutzucker- und Herz-Kreislauf-Parameter haben können.
Gesund durch Schritte – aber wie viele braucht es wirklich? Laut einer neuen Meta-Analyse bringen schon 7.000 Schritte täglich messbare Vorteile: Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Demenz und sogar Depressionen sinkt teils um bis zu 47 %. Mehr Schritte schaden nicht – aber der größte Nutzen entsteht bereits im mittleren Bereich.27Ding, D., Nguyen, B., Nau, T., Luo, M., del Pozo Cruz, B., Dempsey, P. C., et al. (2025). Daily steps and health outcomes in adults: A systematic review and dose-response meta-analysis. The Lancet Public Health, 10(8), e668–e681. https://doi.org/10.1016/S2468-2667(25)00123-4.
Moderate bis intensive Bewegung (MVPA): Ein gemischtes Bild
Während die Schrittzahl fast überall ansteigt, ist die Bilanz bei moderater bis intensiver körperlicher Aktivität (Moderate to Vigorous Physical Activity, MVPA) – also Bewegung, die das Herz-Kreislauf-System stärker fordert – deutlich komplexer. Eine aktuelle Umbrella Review aus dem Jahr 2024, die 51 systematische Reviews zusammenfasste, fand eine Zunahme von rund 58 Minuten MVPA pro Woche28Longhini, J., Marzaro, C., Bargeri, S., Palese, A., Dell'Isola, A., Turolla, A., Pillastrini, P., Battista, S., Castellini, G., Cook, C., Gianola, S., & Rossettini, G. (2024). Wearable Devices to Improve Physical Activity and Reduce Sedentary Behaviour: An Umbrella Review. Sports medicine – open, 10(1), 9. https://doi.org/10.1186/s40798-024-00678-9.. Auch andere große Meta-Analysen fanden signifikante Zuwächse von rund 36 bis 43 Minuten MVPA pro Woche29Kirk, M. A., Amiri, M., Pirbaglou, M., & Ritvo, P. (2019). Wearable Technology and Physical Activity Behavior Change in Adults With Chronic Cardiometabolic Disease: A Systematic Review and Meta-Analysis. American journal of health promotion : AJHP, 33(5), 778–791. https://doi.org/10.1177/0890117118816278. 30Li, C., Chen, X., & Bi, X. (2021). Wearable activity trackers for promoting physical activity: A systematic meta-analytic review. International journal of medical informatics, 152, 104487. https://doi.org/10.1016/j.ijmedinf.2021.104487. oder zeigten einen signifikant positiven Gesamteffekt auf die MVPA31Dehghan Ghahfarokhi, A., Vosadi, E., Barzegar, H., & Saatchian, V. (2022). The Effect of Wearable and Smartphone Applications on Physical Activity, Quality of Life, and Cardiovascular Health Outcomes in Overweight/Obese Adults: A Systematic Review and Meta-analysis of Randomized Controlled Trials. Biological research for nursing, 24(4), 503–518. https://doi.org/10.1177/10998004221099556.. Andere Studien kommen dagegen zu zurückhaltenderen Ergebnissen und machen wichtige Unterschiede sichtbar:
- Vergleich mit Alternativen: Wenn die Tracker-Gruppe nicht mit einer passiven Kontrollgruppe, sondern mit einer anderen aktiven Intervention (z. B. Coaching, App oder ein einfacher Pedometer ohne Vernetzung) verglichen wurde, verschwanden die positiven Effekte teilweise oder kehrten sich sogar um32Lynch, C., Bird, S., Lythgo, N., & Selva-Raj, I. (2020). Changing the Physical Activity Behavior of Adults With Fitness Trackers: A Systematic Review and Meta-Analysis. American journal of health promotion : AJHP, 34(4), 418–430. https://doi.org/10.1177/0890117119895204.. Eine Studie mit älteren Erwachsenen fand beispielsweise keinen signifikanten Vorteil von vernetzten Wearables gegenüber einem traditionellen Pedometer (Schrittzähler)33Liu, J. Y., Kor, P. P., Chan, C. P., Kwan, R. Y., & Cheung, D. S. (2020). The effectiveness of a wearable activity tracker (WAT)-based intervention to improve physical activity levels in sedentary older adults: A systematic review and meta-analysis. Archives of gerontology and geriatrics, 91, 104211. https://doi.org/10.1016/j.archger.2020.104211..
- Kinder und Jugendliche: Hier ist die Studienlage uneinheitlich. Während die Schrittzahl oft ansteigt, ist der Effekt auf die MVPA umstritten: Einige Meta-Analysen fanden keine signifikante Effekte34Au, W. W., Recchia, F., Fong, D. Y., Wong, S. H. S., Chan, D. K. C., Capio, C. M., Yu, C. C. W., Wong, S. W. S., Sit, C. H. P., Ip, P., Chen, Y. J., Thompson, W. R., & Siu, P. M. (2024). Effect of wearable activity trackers on physical activity in children and adolescents: a systematic review and meta-analysis. The Lancet. Digital health, 6(9), e625–e639. https://doi.org/10.1016/S2589-7500(24)00139-0. 35Chen, X., Wang, F., Zhang, H., Lin, Y., Zhu, S., & Yang, Y. (2025). Effectiveness of wearable activity trackers on physical activity among adolescents in school-based settings: a systematic review and meta-analysis. BMC public health, 25(1), 1050. https://doi.org/10.1186/s12889-025-22170-z., andere hingegen kleine, signifikante Zuwächse36Casado-Robles, C., Viciana, J., Guijarro-Romero, S., & Mayorga-Vega, D. (2022). Effects of Consumer-Wearable Activity Tracker-Based Programs on Objectively Measured Daily Physical Activity and Sedentary Behavior Among School-Aged Children: A Systematic Review and Meta-analysis. Sports medicine – open, 8(1), 18. https://doi.org/10.1186/s40798-021-00407-6.. Die Wirkung scheint bei Mädchen und zuvor körperlich inaktiven Kindern größer zu sein und wird durch zusätzliche Strategien wie Zielsetzung und Beratung verstärkt.
Wichtige Einordnungen und offene Fragen
Trotz der insgesamt positiven Befunde zeigen die Studien auch, wo die Grenzen der Wearables liegen.
Bewusste vs. unbewusste Aktivität: Wearables fördern v. a. bewusste Aktivitäten wie Gehen oder Sporteinheiten, haben aber kaum Einfluss auf unbewusste Alltagsgewohnheiten oder sitzendes Verhalten. Während mehrere Meta-Analysen keinen signifikanten Einfluss auf leichte körperliche Aktivitäten oder eine Reduzierung der Sitzzeiten fanden37Li, C., Chen, X., & Bi, X. (2021). Wearable activity trackers for promoting physical activity: A systematic meta-analytic review. International journal of medical informatics, 152, 104487. https://doi.org/10.1016/j.ijmedinf.2021.104487. 38Brickwood, K. J., Watson, G., O'Brien, J., & Williams, A. D. (2019). Consumer-Based Wearable Activity Trackers Increase Physical Activity Participation: Systematic Review and Meta-Analysis. JMIR mHealth and uHealth, 7(4), e11819. https://doi.org/10.2196/11819., sind die Ergebnisse uneinheitlich. Ein aktuelles Umbrella Review beschreibt die Datenlage als inkonsistent39Longhini, J., Marzaro, C., Bargeri, S., Palese, A., Dell'Isola, A., Turolla, A., Pillastrini, P., Battista, S., Castellini, G., Cook, C., Gianola, S., & Rossettini, G. (2024). Wearable Devices to Improve Physical Activity and Reduce Sedentary Behaviour: An Umbrella Review. Sports medicine – open, 10(1), 9. https://doi.org/10.1186/s40798-024-00678-9.. Allerdings fand eine spezifische Studie zu älteren Erwachsenen eine Reduktion der Sitzzeiten40Wu, S., Li, G., Du, L., Chen, S., Zhang, X., & He, Q. (2023). The effectiveness of wearable activity trackers for increasing physical activity and reducing sedentary time in older adults: A systematic review and meta-analysis. Digital health, 9, 20552076231176705. https://doi.org/10.1177/20552076231176705..
Langzeitmotivation im Diskurs: Ein wiederkehrendes Thema ist die Langzeitnutzung. Während einige Studien darauf hindeuten, dass längere Interventionen (> 12 Wochen) zu stabileren Ergebnissen führen41Yen, H. Y., & Chiu, H. L. (2019). The effectiveness of wearable technologies as physical activity interventions in weight control: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Obesity reviews : an official journal of the International Association for the Study of Obesity, 20(10), 1485–1493. https://doi.org/10.1111/obr.12909. 42McDonough, D. J., Su, X., & Gao, Z. (2021). Health wearable devices for weight and BMI reduction in individuals with overweight/obesity and chronic comorbidities: systematic review and network meta-analysis. British journal of sports medicine, 55(16), 917–925. https://doi.org/10.1136/bjsports-2020-103594., zeigen andere Meta-Analysen, dass gerade bei der MVPA kurzfristige Interventionen effektiver sein können, da die Motivation über die Zeit nachlässt43Wu, S., Li, G., Du, L., Chen, S., Zhang, X., & He, Q. (2023). The effectiveness of wearable activity trackers for increasing physical activity and reducing sedentary time in older adults: A systematic review and meta-analysis. Digital health, 9, 20552076231176705. https://doi.org/10.1177/20552076231176705. 44Li, C., Chen, X., & Bi, X. (2021). Wearable activity trackers for promoting physical activity: A systematic meta-analytic review. International journal of medical informatics, 152, 104487. https://doi.org/10.1016/j.ijmedinf.2021.104487..
Spezifische Zielgruppen – Nicht für jeden gleich wirksam: Die Wirkung von Wearables ist stark von der Zielgruppe abhängig. Insbesondere bei älteren Erwachsenen ist die Wirksamkeit differenziert zu betrachten:
- Die Effektivität scheint mit zunehmendem Alter abzunehmen. Studien deuten darauf hin, dass die Effekte bei Personen unter 70 Jahren größer sind als bei über 70-Jährigen, und eine Untersuchung fand bei Teilnehmern über 80 Jahren keinen signifikanten Anstieg der Aktivität mehr.45Wu, S., Li, G., Du, L., Chen, S., Zhang, X., & He, Q. (2023). The effectiveness of wearable activity trackers for increasing physical activity and reducing sedentary time in older adults: A systematic review and meta-analysis. Digital health, 9, 20552076231176705. https://doi.org/10.1177/20552076231176705. 46Liu, J. Y., Kor, P. P., Chan, C. P., Kwan, R. Y., & Cheung, D. S. (2020). The effectiveness of a wearable activity tracker (WAT)-based intervention to improve physical activity levels in sedentary older adults: A systematic review and meta-analysis. Archives of gerontology and geriatrics, 91, 104211. https://doi.org/10.1016/j.archger.2020.104211.
- Die Kombination von Wearables mit traditionellen Interventionen wie Beratung, Zielsetzung oder Coaching erzielt bei älteren Erwachsenen bessere Ergebnisse als die alleinige Nutzung eines Trackers.
Mehr Schritte, ja – Abnehmerfolg nicht garantiert
Die wissenschaftliche Evidenz zeigt ein klares Bild: Fitnesstracker sind ein wirksames Instrument, um die tägliche Schrittzahl und somit die allgemeine Aktivität deutlich zu erhöhen. Ihr Einfluss auf intensivere Bewegung (MVPA) und insbesondere auf Gewichtsverlust ist jedoch weitaus komplexer. Wie die kontrovers diskutierte Jakicic-Studie verdeutlicht, reicht das bloße Erfassen von Daten nicht aus, um erfolgreich zu sein. Der Erfolg hängt stark von Faktoren wie persönlicher Begleitung, Dauer der Nutzung und Zielgruppe ab.
Das Wichtigste aus der Wissenschaft auf einen Blick: Fitnesstracker erhöhen nachweislich die tägliche Schrittzahl. Beim Gewichtsverlust sind die Ergebnisse gemischt, doch die meisten Studien zeigen einen kleinen, aber signifikanten Effekt. Komplexer wird es bei der Trainingsintensität und der Langzeitmotivation: Hier hängt der Erfolg stark von der Begleitung, der Zielgruppe und der Nutzungsdauer ab. Kurz gesagt: Wearables sind hilfreich, aber kein Selbstläufer.
Die Sonnenseite: Wie Fitnesstracker motivieren können
Die enorme Beliebtheit von Fitnesstrackern kommt nicht von ungefähr. Sie bieten eine Reihe von Vorteilen, die dabei helfen können, aktiver, bewusster und gesünder zu leben. Die positiven Aspekte reichen von psychologischen Effekten bis hin zur gezielten Trainingssteuerung.
Motivation durch Sichtbarkeit und Verantwortung
Einer der stärksten psychologischen Effekte von Fitnesstrackern ist das Prinzip der „Accountability„, also das Gefühl, sich selbst gegenüber verantwortlich zu sein. Durch konkrete Zahlen werden abstrakte Vorsätze wie „Ich möchte mehr Bewegung in meinen Alltag bringen“ plötzlich greifbar. Du siehst, wie viele Schritte du gemacht hast, wie aktiv du warst oder wie lange du geschlafen hast – und genau das kann unglaublich motivieren.
Wenn Fortschritte sichtbar werden, fällt es leichter, am Ball zu bleiben. Kleine Erfolge, wie das Schließen der Aktivitätsringe auf der Apple Watch oder das tägliche Erreichen des Schrittziels, wirken wie kleine Belohnungen. Diese Micro-Rewards fördern das Durchhaltevermögen und helfen dabei, langfristig gesunde Gewohnheiten zu etablieren.
Der datenbasierte Ansatz ermöglicht es dir zudem, Entscheidungen bewusster zu treffen. Du erkennst, an welchen Tagen du deine Ziele erreichst und wo es hakt. So kannst du dein Training gezielt anpassen.
Ein neues Bewusstsein für den eigenen Körper
Fitnesstracker ermöglichen Einblicke in Prozesse im Körper, die früher unsichtbar blieben. Sie liefern Einblicke in Schlafmuster, die Herzfrequenz in Ruhe und unter Belastung sowie das Aktivitätsniveau über den Tag hinweg und schaffen so ein neues Körperbewusstsein.
Du kannst beispielsweise erkennen, dass deine Schlafqualität an stressigen Tagen schlechter ist. Solche Beobachtungen können dich dazu anregen, gezielte Erholungsstrategien wie Meditation oder einen abendlichen Spaziergang in deinen Alltag zu integrieren.
Moderne Modelle gehen sogar noch weiter: Sie messen die Blutsauerstoffsättigung (SpO₂), erstellen einfache EKGs (Elektrokardiogramme) oder erfassen die Herzfrequenzvariabilität. Auch wenn diese Werte keine medizinischen Diagnosen ersetzen können, liefern sie wertvolle Hinweise und fördern ein stärkeres Gesundheitsbewusstsein. Das ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Selbstfürsorge.
Gamification – Der spielerische Weg zu mehr Bewegung
Ein Schlüssel zum Erfolg vieler Fitness-Apps ist die sog. Gamification, also die Integration spielerischer Elemente, die Bewegung motivierender machen47Hydari, M. Z., Adjerid, I., & Striegel, A. D. (2023). Health Wearables, Gamification, and Healthful Activity. Management science, 69(7), 3920–3938. https://doi.org/10.1287/mnsc.2022.4581. 48Windasari, N. A., & Lin, F. (2021). Why do people continue using fitness wearables? The effect of interactivity and gamification. SAGE Open, 11(4). https://doi.org/10.1177/21582440211056606. 49Grech, E. M., Briguglio, M., & Said, E. (2024). A field experiment on gamification of physical activity: Effects on motivation and steps. International Journal of Human-Computer Studies, 184, 103205. https://doi.org/10.1016/j.ijhcs.2023.103205. 50Windasari, N. A., & Lin, F. (2021). Why do people continue using fitness wearables? The effect of interactivity and gamification. SAGE Open, 11(4). https://doi.org/10.1177/21582440211056606.. Dadurch wird körperliche Aktivität weniger zur Pflicht und mehr zum Spiel.
Beliebte Beispiele sind:
- Abzeichen und Auszeichnungen: Virtuelle Trophäen für das Erreichen von Meilensteinen, etwa 10.000 Schritte oder eine bestimmte Anzahl erklommener Stockwerke.
- Streaks (Serien): Belohnungen für Beständigkeit – wer mehrere Tage in Folge aktiv ist, möchte diese Serie nicht reißen lassen.
- Herausforderungen und Ranglisten: Der Wettbewerb mit Freunden oder der Community steigert das Engagement.
- Fortschrittsbalken: Sie zeigen anschaulich, wie nah du deinem Ziel bist, was das Erfolgsgefühl steigert.
Diese spielerischen Mechanismen sprechen tief verankerte menschliche Bedürfnisse nach Leistung, Anerkennung und sozialer Zugehörigkeit an und können die Trainingsroutine deutlich auflockern.
Doch die Gamification hat auch eine zweite Seite: Sie sorgt dafür, dass Nutzer ihre Geräte konstant tragen und täglich mit der App interagieren. Nur so können Abzeichen verdient oder Serien aufrechterhalten werden. Für die Unternehmen entsteht daraus ein kontinuierlicher Datenstrom mit wertvollen Informationen über Aktivitätsmuster, Schlaf oder Standort.
Es entsteht eine wechselseitige Beziehung: Du erhältst Motivation, das Unternehmen erhält Daten. Dieser Aspekt bildet die Brücke zu den Schattenseiten weiter unten, denn der größte Motivationsfaktor ist zugleich die größte Herausforderung in puncto Datenschutz.
Gezielte Unterstützung für individuelle Ziele
Über die allgemeine Motivation hinaus können Fitnesstracker auch sehr spezifische Ziele unterstützen.
- Gewichtsmanagement: Tracker schaffen Bewusstsein für Bewegung und Kalorienverbrauch. Sie ersetzen zwar keine gesunde Ernährung, können aber dabei helfen, das eigene Verhalten besser einzuordnen und Fortschritte sichtbar zu machen.51Goldstein, C. M., Thomas, J. G., Wing, R. R., & Bond, D. S. (2017). Successful weight loss maintainers use health-tracking smartphone applications more than a nationally representative sample: comparison of the National Weight Control Registry to Pew Tracking for Health. Obesity science & practice, 3(2), 117–126. https://doi.org/10.1002/osp4.102.
- Ausdauertraining: Funktionen wie GPS-Tracking, Geschwindigkeitsmessung oder Herzfrequenzzonen-Analysen sind besonders wertvoll für Läufer, Radfahrer oder Schwimmer. So lässt sich die Trainingsintensität gezielt steuern und die kardiovaskuläre Fitness verbessern.52Gu, L., & Qian, C. (2025). The application of smart wearable devices in the detection of sports energy consumption: A review. Intelligent Sports and Health, 1(2), 67–78. https://doi.org/10.1016/j.ish.2025.04.001. 53Shei, R. J., Holder, I. G., Oumsang, A. S., Paris, B. A., & Paris, H. L. (2022). Wearable activity trackers-advanced technology or advanced marketing?. European journal of applied physiology, 122(9), 1975–1990. https://doi.org/10.1007/s00421-022-04951-1.
- Fitness im Alter: Auch in Programmen für ältere Erwachsene, einem weiteren Top-Trend des ACSM, spielen Wearables eine wachsende Rolle. Funktionen wie Sturzerkennung oder automatische Notfallbenachrichtigungen geben Sicherheit – für Nutzer und Angehörige gleichermaßen – und fördern die Selbstständigkeit im Alltag.54Moore, K., O'Shea, E., Kenny, L., Barton, J., Tedesco, S., Sica, M., Crowe, C., Alamäki, A., Condell, J., Nordström, A., & Timmons, S. (2021). Older Adults‘ Experiences With Using Wearable Devices: Qualitative Systematic Review and Meta-synthesis. JMIR mHealth and uHealth, 9(6), e23832. https://doi.org/10.2196/23832. 55Canali, S., Ferretti, A., Schiaffonati, V., & Blasimme, A. (2024). Wearable Technologies for Healthy Ageing: Prospects, Challenges, and Ethical Considerations. The Journal of frailty & aging, 13(2), 149–156. https://doi.org/10.14283/jfa.2024.19.
Fitnesstracker können starke Begleiter auf dem Weg zu einem gesünderen Lebensstil sein. Sie motivieren, schaffen Bewusstsein und helfen, Fortschritte sichtbar zu machen. Gleichzeitig lohnt es sich, den Blick auch auf die andere Seite zu richten – denn wo Motivation und Datentransparenz wachsen, entstehen auch neue Risiken und Herausforderungen.
Die Schattenseite: Risiken der ständigen Selbstvermessung
So hilfreich Fitnesstracker auch sein mögen, die ständige Konfrontation mit Daten, der Druck zur Selbstoptimierung und die Frage nach der Datensicherheit haben ihre Schattenseiten56Kaplan, D. M., Greenleaf, M., & Lam, W. A. (2023). Wear With Care: A Call for Empirical Investigations of Adverse Outcomes of Consumer Health Wearables. Mayo Clinic proceedings. Digital health, 1(3), 413–418. https://doi.org/10.1016/j.mcpdig.2023.06.014.. Wer ein Wearable nutzt, sollte sich der Risiken bewusst sein, um reflektiert damit umzugehen.
Das Dilemma der Genauigkeit – Was die Zahlen wirklich wert sind
Die wichtigste Erkenntnis vorweg: Fitnesstracker sind keine medizinischen Messgeräte. Ihre Genauigkeit hängt stark davon ab, was sie messen.
Schrittzahl
In diesem Bereich liefern die meisten Geräte recht zuverlässige Werte. Die Abweichung liegt i. d. R. zwischen -9 % und +12 %, wobei eine leichte Tendenz zur Unterschätzung der tatsächlichen Schrittzahl besteht57Fuller, D., Colwell, E., Low, J., Orychock, K., Tobin, M. A., Simango, B., Buote, R., Van Heerden, D., Luan, H., Cullen, K., Slade, L., & Taylor, N. G. A. (2020). Reliability and Validity of Commercially Available Wearable Devices for Measuring Steps, Energy Expenditure, and Heart Rate: Systematic Review. JMIR mHealth and uHealth, 8(9), e18694. https://doi.org/10.2196/18694. 58Doherty, C., Baldwin, M., Keogh, A., Caulfield, B., & Argent, R. (2024). Keeping Pace with Wearables: A Living Umbrella Review of Systematic Reviews Evaluating the Accuracy of Consumer Wearable Technologies in Health Measurement. Sports medicine (Auckland, N.Z.), 54(11), 2907–2926. https://doi.org/10.1007/s40279-024-02077-2.. Die Geräte eignen sich daher gut, um Aktivitätstrends über einen längeren Zeitraum zu verfolgen und das eigene Bewegungsverhalten zu beobachten.
Herzfrequenz
In Ruhe oder bei gleichmäßigen Ausdauerbelastungen wie Joggen arbeiten die optischen Sensoren am Handgelenk i. d. R. zuverlässig und weisen eine mittlere Abweichung von etwa ± 3 % im Vergleich zu EKG-genauen Messungen auf59Fuller, D., Colwell, E., Low, J., Orychock, K., Tobin, M. A., Simango, B., Buote, R., Van Heerden, D., Luan, H., Cullen, K., Slade, L., & Taylor, N. G. A. (2020). Reliability and Validity of Commercially Available Wearable Devices for Measuring Steps, Energy Expenditure, and Heart Rate: Systematic Review. JMIR mHealth and uHealth, 8(9), e18694. https://doi.org/10.2196/18694. 60Doherty, C., Baldwin, M., Keogh, A., Caulfield, B., & Argent, R. (2024). Keeping Pace with Wearables: A Living Umbrella Review of Systematic Reviews Evaluating the Accuracy of Consumer Wearable Technologies in Health Measurement. Sports medicine (Auckland, N.Z.), 54(11), 2907–2926. https://doi.org/10.1007/s40279-024-02077-2.. Bei schnellen, ruckartigen Bewegungen, wie sie beim HIIT- oder Krafttraining auftreten, kann die Messung jedoch stark verfälscht werden, da Schweiß und Armbewegungen die Sensorik stören. Studien deuten zudem darauf hin, dass auch der Hautton die Genauigkeit beeinflussen kann, wenngleich die Ergebnisse hierzu noch nicht eindeutig sind61Koerber, D., Khan, S., Shamsheri, T., Kirubarajan, A., & Mehta, S. (2023). Accuracy of Heart Rate Measurement with Wrist-Worn Wearable Devices in Various Skin Tones: a Systematic Review. Journal of racial and ethnic health disparities, 10(6), 2676–2684. https://doi.org/10.1007/s40615-022-01446-9.. Wer exakte Daten für die Trainingssteuerung benötigt, sollte daher besser einen Brustgurt verwenden62Zhang, Y., Weaver, R. G., Armstrong, B., Burkart, S., Zhang, S., & Beets, M. W. (2020). Validity of Wrist-Worn photoplethysmography devices to measure heart rate: A systematic review and meta-analysis. Journal of sports sciences, 38(17), 2021–2034. https://doi.org/10.1080/02640414.2020.1767348..
Schlaftracking
Die Gesamtschlafdauer wird von vielen Geräten tendenziell um mehr als 10 % überschätzt63Doherty, C., Baldwin, M., Keogh, A., Caulfield, B., & Argent, R. (2024). Keeping Pace with Wearables: A Living Umbrella Review of Systematic Reviews Evaluating the Accuracy of Consumer Wearable Technologies in Health Measurement. Sports medicine (Auckland, N.Z.), 54(11), 2907–2926. https://doi.org/10.1007/s40279-024-02077-2. 64Zhai, H., Yan, Y., He, S., Zhao, P., & Zhang, B. (2023). Evaluation of the accuracy of contactless consumer sleep-tracking devices application in human experiment: A systematic review and meta-analysis. Sensors, 23(10), 4842. https://doi.org/10.3390/s23104842.. Die Unterteilung in die verschiedenen Schlafphasen (Leicht-, Tief- und REM-Schlaf) basiert größtenteils auf Schätzungen. Fitnesstracker stützen sich dabei auf Bewegungs- und Pulsdaten und nicht auf Gehirnströme (EEG), wie es im Schlaflabor der Fall wäre65Imtiaz S. A. (2021). A Systematic Review of Sensing Technologies for Wearable Sleep Staging. Sensors (Basel, Switzerland), 21(5), 1562. https://doi.org/10.3390/s21051562.. Die auf Bewegung basierende Aktigraphie zeigt zudem eine hohe individuelle Variabilität und ist bei der Bestimmung des genauen Einschlafzeitpunkts oft ungenau66Scott, H., Lack, L., & Lovato, N. (2020). A systematic review of the accuracy of sleep wearable devices for estimating sleep onset. Sleep medicine reviews, 49, 101227. https://doi.org/10.1016/j.smrv.2019.101227..
Kalorienverbrauch
Hier sind die Abweichungen besonders groß. Studien zeigen, dass keine der untersuchten Gerätemarken den Energieverbrauch durchgehend präzise misst67Fuller, D., Colwell, E., Low, J., Orychock, K., Tobin, M. A., Simango, B., Buote, R., Van Heerden, D., Luan, H., Cullen, K., Slade, L., & Taylor, N. G. A. (2020). Reliability and Validity of Commercially Available Wearable Devices for Measuring Steps, Energy Expenditure, and Heart Rate: Systematic Review. JMIR mHealth and uHealth, 8(9), e18694. https://doi.org/10.2196/18694.. Die mittlere absolute prozentuale Abweichung liegt häufig bei über 30 %68Germini, F., Noronha, N., Borg Debono, V., Abraham Philip, B., Pete, D., Navarro, T., Keepanasseril, A., Parpia, S., de Wit, K., & Iorio, A. (2022). Accuracy and Acceptability of Wrist-Wearable Activity-Tracking Devices: Systematic Review of the Literature. Journal of medical Internet research, 24(1), e30791. https://doi.org/10.2196/30791.. Die Algorithmen berücksichtigen nur wenige Basisdaten wie Alter, Gewicht und Herzfrequenz, nicht aber entscheidende individuelle Unterschiede im Stoffwechsel, in der Körperzusammensetzung oder hormonelle Schwankungen. Die Werte sollten daher nur als grober Richtwert verstanden werden.
Diese Ungenauigkeiten sind nicht nur technische Details, sondern können sich direkt auf die Psyche auswirken. Wer sich blind auf die Kalorienanzeige seines Trackers verlässt, riskiert Fehlentscheidungen. Wenn der Energieverbrauch überschätzt wird, isst man womöglich mehr, als tatsächlich verbraucht wird – und wundert sich später über ein stagnierendes Gewicht. Wenn der Erfolg ausbleibt, machen sich viele selbst Vorwürfe, anstatt die Messfehler des Geräts verantwortlich zu machen. So kann ein technisches Problem zu einem psychologischen Teufelskreis werden, der zu Frust, Schuldgefühlen und Selbstzweifeln führt.
| Metrik | Genauigkeit | Wichtige Anmerkung |
|---|---|---|
| Schrittzahl | Hoch | Sehr zuverlässig für die allgemeine Aktivität. Die Abweichungen liegen meist zwischen -9 % und +12 %, wobei es eine Tendenz zur leichten Unterschätzung gibt. |
| Herzfrequenz | Mittel | Genau in Ruhe und bei gleichmäßigem Cardio (mittlere Abweichung ca. ± 3 %). Ungenau bei Intervalltraining oder Kraftsport wegen Bewegungsartefakten. Ein Brustgurt bleibt der Goldstandard für präzise Daten. |
| Schlafphasen | Niedrig bis spekulativ | Die Gesamtschlafdauer wird oft um > 10 % überschätzt. Die Erkennung der Schlafphasen (Leicht, Tief, REM) ist ungenau, da die Messung nur auf Bewegung und Puls basiert, nicht auf Hirnströmen (EEG). |
| Kalorienverbrauch | Sehr niedrig | Größte Ungenauigkeit aller Metriken. Abweichungen von oft über 30 % sind häufig. Kein einziges Gerätemodell wurde als durchgehend genau bewertet und die Werte sollten nur als grober Richtwert dienen. |
Psychische Belastung – Wenn Selbstoptimierung zum Zwang wird

Was anfangs motiviert, kann mit der Zeit in Druck und Stress umschlagen.
Stress und Zwang
Wenn das Tagesziel verfehlt wird, entstehen bei manchen Schuldgefühle oder das Gefühl, versagt zu haben. Sport, der ursprünglich eine Quelle von Freude und Ausgleich war, kann sich zu einer lästigen Pflicht entwickeln. Dauerhafter Stress erhöht den Cortisolspiegel und kann dadurch die positiven Effekte von Bewegung, etwa auf die Regeneration, das Immunsystem und den Stoffwechsel, abschwächen69Knezevic, E., Nenic, K., Milanovic, V., & Knezevic, N. N. (2023). The Role of Cortisol in Chronic Stress, Neurodegenerative Diseases, and Psychological Disorders. Cells, 12(23), 2726. https://doi.org/10.3390/cells12232726. 70Baskerville, R., Castell, L., & Bermon, S. (2024). Sports and Immunity, from the recreational to the elite athlete. Infectious diseases now, 54(4S), 104893. https://doi.org/10.1016/j.idnow.2024.104893..
Abhängigkeit und Verlust der Intuition
Bei einem Teil der Nutzer verlagert sich der Fokus von der eigenen Körperwahrnehmung hin zu den von Wearables gelieferten Kennzahlen. Studien berichten u. a. von negativen Affekten, wenn das Gerät fehlt, von einer Überinterpretation von Scores (z. B. beim Schlaf) sowie von qualitativen Hinweisen, dass das Training trotz Erschöpfung fortgesetzt wird, wenn die Metriken „gut“ aussehen71Ryan, J., Edney, S., & Maher, C. (2019). Anxious or empowered? A cross-sectional study exploring how wearable activity trackers make their owners feel. BMC psychology, 7(1), 42. https://doi.org/10.1186/s40359-019-0315-y. 72Toner, J., Allen-Collinson, J., Jackman, P. C., Jones, L., & Addrison, J. (2023). ‘I like to run to feel’: Embodiment and wearable mobile tracking devices in distance running. Qualitative Research in Sport, Exercise and Health, 15(6), 805–818. https://doi.org/10.1080/2159676X.2023.2225516.. Insgesamt kann das langfristige Tracking somit die Orientierung am eigenen Körpergefühl abschwächen (die Evidenz ist gemischt, nimmt aber zu)73Lans, L. L., Huijbregts, K. M. L., Westerhof, G. J., Haeyen, S. W., Derks, Y. P. M. J., & Noordzij, M. L. (2025). How to integrate physiological data from wearables in treatment of personality disorders: a narrative review. Frontiers in psychiatry, 16, 1591871. https://doi.org/10.3389/fpsyt.2025.1591871..
Gesundheitsangst und Orthosomnie
Wer ohnehin zu Sorgen neigt, kann durch die ständige Selbstbeobachtung mit Schlaf-Apps oder Trackern in eine Spirale geraten. Eine vermeintlich unruhige Nacht oder ein niedriger Schlafscore werden schnell überinterpretiert. Das Phänomen der sog. Orthosomnie beschreibt den Versuch, den „perfekten Schlaf“ zu erzwingen, was ironischerweise zu noch mehr Schlafproblemen führen kann74Baron, K. G., Abbott, S., Jao, N., Manalo, N., & Mullen, R. (2017). Orthosomnia: Are Some Patients Taking the Quantified Self Too Far?. Journal of clinical sleep medicine : JCSM : official publication of the American Academy of Sleep Medicine, 13(2), 351–354. https://doi.org/10.5664/jcsm.6472..
Verbindung zu Essstörungen
Studien zeigen Zusammenhänge zwischen Fitnesstrackern und einem ungesunden Kontrollverhalten. Die ständige Fokussierung auf Kalorien kann bestehende Essstörungen verstärken oder zwanghafte Verhaltensmuster fördern75Simpson, C. C., & Mazzeo, S. E. (2017). Calorie counting and fitness tracking technology: Associations with eating disorder symptomatology. Eating behaviors, 26, 89–92. https://doi.org/10.1016/j.eatbeh.2017.02.002. 76Anderberg, I., Kemps, E., & Prichard, I. (2025). Tracking every bite and step: Associations between diet and fitness app use, disordered eating, body image concern and compulsive exercise. Psychology of sport and exercise, 80, 102890. https://doi.org/10.1016/j.psychsport.2025.102890..
Datenschutz – Der Preis für deine Daten
Der wohl meistunterschätzte Nachteil ist, dass Fitnesstracker hochsensible Gesundheitsdaten sammeln77Dini Kounoudes, A., Kapitsaki, G. M., & Katakis, I. (2023). Enhancing user awareness on inferences obtained from fitness trackers data. User modeling and user-adapted interaction, 1–48. Advance online publication. https://doi.org/10.1007/s11257-022-09353-8.. Dazu gehören Standortdaten, Herzfrequenz, Schlafmuster, Aktivitätsprofile, Körperdaten und oft auch manuell eingegebene Informationen wie Gewicht oder Menstruationszyklen.
Diese Daten sind nicht einfach nur Zahlen, sondern ein digitales Abbild deiner Gesundheit. Und sie sind wertvoll. Viele Anbieter teilen oder verkaufen sie an Dritte, etwa an Werbefirmen, Datenhändler oder Versicherungen. Oft geschieht das unter dem Schlagwort „Anonymisierung“, doch Forschungen zeigen, dass solche Daten häufig wieder Personen zugeordnet werden können78Chikwetu, L., Miao, Y., Woldetensae, M. K., Bell, D., Goldenholz, D. M., & Dunn, J. (2023). Does deidentification of data from wearable devices give us a false sense of security? A systematic review. The Lancet. Digital health, 5(4), e239–e247. https://doi.org/10.1016/S2589-7500(22)00234-5. 79Sivakumar, C. L. V., Mone, V., & Abdumukhtor, R. (2024). Addressing privacy concerns with wearable health monitoring technology. Wiley Interdisciplinary Reviews: Data Mining and Knowledge Discovery, 14(3), e1535. https://doi.org/10.1002/widm.1535. 80Doherty, C., Baldwin, M., Lambe, R., Altini, M., & Caulfield, B. (2025). Privacy in consumer wearable technologies: a living systematic analysis of data policies across leading manufacturers. NPJ digital medicine, 8(1), 363. https://doi.org/10.1038/s41746-025-01757-1..
Ein weiteres Problem ist, dass in vielen Ländern – etwa den USA, wo zahlreiche Hersteller ansässig sind – diese Daten nicht unter die gleichen Datenschutzgesetze fallen wie medizinische Patientendaten81Ballweber, J. (2021). Unklare Rechtslage bei Gesundheitsapps. Wenn Gesundheitsdaten bei US-Konzernen landen. netzpolitik.org e. V. https://netzpolitik.org/2021/unklare-rechtslage-bei-gesundheitsapps-wenn-gesundheitsdaten-bei-us-konzernen-landen/.. Das bedeutet, dass deine Fitnessdaten oft schlechter geschützt sind als deine Krankenakte beim Arzt.
Auch Sicherheitslücken sind ein reales Risiko. Der Hackerangriff auf MyFitnessPal, bei dem Daten von rund 150 Millionen Nutzer gestohlen wurden, ist nur ein prominentes Beispiel82Spiegel Online. (2018, March 30). Abnehm-App „MyFitnessPal“: Hacker stehlen Daten von 150 Millionen Nutzern. https://www.spiegel.de/netzwelt/apps/myfitnesspal-hacker-stehlen-daten-von-150-millionen-nutzern-a-1200644.html..
Um dich zu schützen, empfiehlt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI):
- Verwende starke, individuelle Passwörter.
- Aktiviere die Zwei-Faktor-Authentisierung.
- Prüfe regelmäßig die App-Berechtigungen (muss sie wirklich auf deine Kontakte oder Kamera zugreifen?).
- Deaktiviere das öffentliche Teilen deiner Aktivitäten, wenn du diese Funktion nicht aktiv nutzt.
Fitnesstracker können wertvolle Einblicke liefern, aber nur, wenn sie mit einem kritischen Bewusstsein genutzt werden. Sie ersetzen weder die eigene Körperwahrnehmung noch eine ärztliche Diagnose. Wer ihre Grenzen kennt, kann sie als nützliches Werkzeug einsetzen. Wer ihnen blind vertraut, riskiert Fehlinterpretationen, Stress und Datenschutzprobleme.
Warum Daten allein nicht zum Erfolg führen
Die teils widersprüchlichen Studienergebnisse – allen voran die viel zitierte JAMA-Studie – werfen eine spannende Frage auf: Warum führt ein Werkzeug, das nachweislich die Bewegung steigern kann, nicht automatisch zu besseren Abnehmerfolgen? Die Antwort liegt weniger in der Technologie selbst als vielmehr in der menschlichen Psychologie – also darin, wie wir mit Daten, Feedback und Belohnungen umgehen.
Das Phänomen des „aktiven Stubenhockers“
Ein Erklärungsansatz ist das sog. Phänomen des Active Couch Potato – auf Deutsch etwa „aktiver Stubenhocker“83Owen, N., Healy, G. N., Matthews, C. E., & Dunstan, D. W. (2010). Too much sitting: the population health science of sedentary behavior. Exercise and sport sciences reviews, 38(3), 105–113. https://doi.org/10.1097/JES.0b013e3181e373a2.. Das bedeutet: Eine Person absolviert morgens motiviert ihren 30-minütigen Lauf, schließt stolz ihre Aktivitätsringe und wird vom Tracker mit Lob und Abzeichen belohnt. Psychologisch kann das jedoch zu einer Art „moralischer Lizenzierung“ führen: Man hat das Gefühl, seine Pflicht für den Tag erfüllt zu haben – und gönnt sich danach eine längere Ruhepause oder eine extra Portion Komfortessen, „weil man es sich verdient hat“.
Ironischerweise kann genau das dazu führen, dass der restliche Tag deutlich inaktiver verläuft. Im Gegensatz dazu könnte jemand ohne Tracker und ohne dieses eine große Erfolgserlebnis unterbewusst mehr kleine Bewegungseinheiten in den Alltag integrieren, etwa Treppensteigen, Spazierengehen oder Fahrradfahren statt Busfahren.
So kann ein Fitnesstracker unbeabsichtigt eine „Alles-oder-nichts“-Mentalität fördern. Wenn das Tagesziel erreicht ist, wird Bewegung abgehakt, anstatt sie als durchgängige Gewohnheit zu leben.
Die enorme Kraft des Mindsets
Die zentrale Erkenntnis ist also nicht, dass Fitnesstracker nutzlos sind, sondern dass sie allein keine nachhaltige Veränderung bewirken. Zahlen, Diagramme und tägliche Erinnerungen sind zwar wertvolle Werkzeuge, ersetzen aber nicht das, was wirklich zählt:
- eine klare, realistische Zielsetzung,
- intrinsische Motivation statt reiner Belohnung von außen,
- und eine konsequente Verhaltensänderung, die Bewegung zu einem festen Bestandteil des Lebens macht.
Fitnesstracker können dabei unterstützen – aber sie entfalten ihr volles Potenzial erst, wenn wir lernen, die Daten als Orientierung und nicht als Bewertung zu sehen.
Fitnesstracker liefern zwar Zahlen, aber keine Motivation. Sie zeigen, was wir tun, aber nicht, warum wir es tun. Wer sich zu sehr auf Messwerte verlässt, läuft Gefahr, Bewegung als lästige Pflichtaufgabe statt als Teil des eigenen Lebensstils zu betrachten. Wichtig ist, die Daten als Orientierung zu nutzen und den Fokus auf das eigene Körpergefühl sowie langfristige Gewohnheiten zu richten.
Für wen lohnt sich ein Fitnesstracker – und für wen nicht?
Nach Betrachtung aller Licht- und Schattenseiten wird klar: Die Frage, ob sich ein Fitnesstracker lohnt, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es hängt stark von deiner Persönlichkeit, deinen Zielen und deinen Erwartungen ab.
Fitnesstracker können großartige Werkzeuge sein: Sie motivieren, schaffen Bewusstsein für den eigenen Körper und helfen, Fortschritte sichtbar zu machen. Gleichzeitig sollten ihre Daten mit Vorsicht interpretiert werden, denn sie bergen psychologische Fallstricke und werfen berechtigte Datenschutzfragen auf.
Für Einsteiger und Motivationssuchende: Ja, absolut
Wenn du am Anfang deiner Fitnessreise stehst oder einfach einen Anstoß brauchst, um wieder in Bewegung zu kommen, kann ein Fitnesstracker ein wertvoller Begleiter sein. Klare Ziele, spielerische Elemente (Gamification) und sofortiges Feedback wirken stark motivierend und helfen dabei, neue Gewohnheiten zu etablieren.
Empfohlene Modelle: Einfache und erschwingliche Geräte wie die Fitbit Inspire 3 oder das Xiaomi Smart Band bieten die wichtigsten Funktionen, ohne überflüssige Komplexität.
Für ambitionierte Sportler: Ja, aber mit Einschränkungen
Wer gezielt trainiert, profitiert von Daten wie GPS-Tracking, Pace oder Herzfrequenzzonen. Allerdings gilt: Die Herzfrequenzmessung am Handgelenk ist bei intensiven Belastungen nur bedingt zuverlässig. Für eine präzise Trainingssteuerung ist ein Brustgurt daher die bessere Wahl.
Empfohlene Modelle: Uhren von spezialisierten Herstellern wie Garmin oder Polar, die auf die Bedürfnisse von Sportlern zugeschnitten sind.
Für Menschen mit Neigung zu Angst oder Zwanghaftigkeit: Vorsicht geboten
Wenn du zu Gesundheitsängsten, zwanghaftem Verhalten oder Essstörungen neigst, kann der permanente Datenstrom eher Stress als Nutzen bringen. Es besteht die Gefahr, sich in Zahlen zu verlieren und das eigene Körpergefühl zu verdrängen.
In diesem Fall kann es sinnvoll sein, den Tracker nur zeitweise zu nutzen, beispielsweise für konkrete Trainingsphasen, und regelmäßig Pausen einzulegen.
Für Senioren: Es kommt darauf an
Die Vorteile sind groß: mehr Bewegung im Alltag und zusätzliche Sicherheit durch Funktionen wie Sturzerkennung oder Herzfrequenzwarnungen. Die größte Herausforderung ist jedoch oft die Bedienbarkeit: Kleine Displays, verschachtelte Menüs oder komplexe Apps können abschreckend wirken. Hier gilt: Je einfacher und intuitiver das Gerät ist, desto größer ist sein Nutzen.
Empfohlene Modelle: Smartwatches mit großen Displays wie die Samsung Galaxy Watch oder spezialisierte Notruf-Uhren, die Fitnessfunktionen integrieren.
Ob ein Fitnesstracker zu dir passt, hängt von deinen Zielen ab: Für Einsteiger ist er ein starker Motivator. Sportler nutzen ihn zur Trainingsanalyse, sollten für präzisere Herzfrequenzdaten jedoch einen Brustgurt verwenden. Bei einer Neigung zu zwanghaftem Verhalten ist Vorsicht geboten, da die Fokussierung auf Zahlen zusätzlichen Stress erzeugen kann. Für Senioren kann er eine große Hilfe sein, sofern die Bedienung einfach und übersichtlich bleibt.
Fazit: Ein Werkzeug, kein Selbstläufer
Die wissenschaftliche Evidenz ist eindeutig: Fitnesstracker sind ein bewährtes Werkzeug, um die tägliche Schrittzahl und somit die allgemeine Bewegung im Alltag zu erhöhen. Ihr Einfluss auf intensivere Aktivität, Gewichtsverlust und langfristige Verhaltensänderungen ist jedoch deutlich komplexer und nicht automatisch gegeben.
Die Technologie kann zwar Bewegung anstoßen, sie ersetzt aber weder eine bewusste Auseinandersetzung mit der Ernährung noch den inneren Antrieb. Der Grund ist einfach: Ein Tracker zeigt uns, was wir tun, aber nicht, warum wir es tun. Die eigentliche Herausforderung liegt daher nicht im Zählen von Schritten, sondern im Aufbau intrinsischer Motivation. Wer Bewegung nur als Pflicht zur Erfüllung von Zahlenzielen begreift, läuft Gefahr, die Freude daran zu verlieren und das eigene Körpergefühl zu überhören.
Der Schlüssel liegt darin, Fitnesstracker als das zu sehen, was sie sind: hilfreiche Assistenten, aber keine Chefs – ein unterstützendes Werkzeug innerhalb eines ganzheitlichen Lebensstils, bei dem Körpergefühl und Freude an der Bewegung im Vordergrund stehen und nicht die nächste Benachrichtigung auf dem Display.
Nutze die Daten als Orientierung, nicht als Bewertung, und lass dich v. a. von deiner Freude an der Bewegung leiten. Denn am Ende zählt nicht die Zahl auf dem Display, sondern das gute Gefühl eines gesunden, aktiven Lebens.



