Was ist Gesundheit? Definition, Dimensionen & Förderung

Von Alicia
Aktualisiert am

Gesundheit ist ein vielschichtiger Begriff, der weit über die bloße Abwesenheit von Krankheit hinausgeht. Bereits 1948 definierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Gesundheit als „Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens“ – eine Definition, die bis heute oft zitiert wird und den Blick auf Gesundheit maßgeblich geprägt hat. Seitdem hat sich das Verständnis von Gesundheit stetig weiterentwickelt: Neue wissenschaftliche Erkenntnisse, gesellschaftliche Veränderungen und individuelle Lebenswelten haben dazu beigetragen, den Begriff immer wieder neu zu interpretieren.

In diesem Artikel werfen wir einen umfassenden Blick auf die Entwicklung und Vielschichtigkeit des Gesundheitsbegriffs: von seiner historischen Entstehung über verschiedene Dimensionen und Definitionen bis hin zu modernen Konzepten der Gesundheitsförderung. Darüber hinaus geben wir praxisnahe Tipps für einen gesundheitsförderlichen Lebensstil und beleuchten aktuelle Herausforderungen, vor denen unsere Gesundheitsversorgung und Prävention heute stehen.

Werbung
Laudius Kurse

Gesundheit: Definition und historische Entwicklung

Ein Meilenstein in der Geschichte des Gesundheitsbegriffs ist die Definition in der Präambel der WHO-Verfassung von 1948. Darin wird Gesundheit als „Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit oder Gebrechen“ beschrieben1World Health Organization (2025)‎. Constitution. World Health Organization (WHO). Abgerufen am 06.04.2025 von https://www.who.int/about/governance/constitution.. Diese positive und mehrdimensionale Beschreibung löste das traditionelle biomedizinische Verständnis von Gesundheit (als bloße Abwesenheit von Krankheit) ab und betonte die wechselseitige Beeinflussung von körperlichen, psychischen und sozialen Faktoren. Mit dieser visionären Definition hat die WHO das Verständnis von Gesundheit weit über den engen Rahmen der Medizin hinaus erweitert.

Historischer Kontext

Die WHO-Definition entstand in der Nachkriegszeit und ist das Ergebnis eines internationalen, diplomatisch geprägten Prozesses. Sie gilt bis heute weltweit als wertorientierter Bezugspunkt des Gesundheitsbegriffs. Frühere Auffassungen von Gesundheit waren oft enger gefasst. So wurde Gesundheit z. B. als „Schweigen der Organe“ (d. h. das Fehlen von Krankheitssymptomen) beschrieben oder schlicht als Abwesenheit von Krankheit definiert2Fantuzzi G. (2014). The sound of health. Frontiers in immunology5, 351. https://doi.org/10.3389/fimmu.2014.00351.. Die WHO verabschiedete sich bewusst von diesem rein negativen Krankheitsbegriff und postulierte das Ideal eines umfassenden Wohlbefindens in allen Lebensbereichen. Damit war die WHO-Definition auch ein Vorläufer des später formulierten biopsychosozialen Krankheitsmodells3Franzkowiak, P. & Hurrelmann, K. (‎2022)‎. Gesundheit. Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG). Abgerufen am 06.04.2025 von https://leitbegriffe.bzga.de/alphabetisches-verzeichnis/gesundheit/..

Werbung
Yazio Rabatt

Kritik an der WHO-Definition

Trotz ihres Einflusses blieb die WHO-Definition nicht unwidersprochen. Insbesondere der Begriff „vollständig“ wurde kritisiert, da ein Zustand vollständigen Wohlbefindens von vielen als unerreichbares utopisches Ideal angesehen wird4Armitage R. (2023). The WHO's definition of health: a baby to be retrieved from the bathwater?. The British journal of general practice : the journal of the Royal College of General Practitioners73(727), 70–71. https://doi.org/10.3399/bjgp23X731841.. Angesichts der weltweiten Zunahme chronischer Erkrankungen seit 19485World Health Organization (‎2024)‎. Noncommunicable diseases. World Health Organization (WHO). Abgerufen am 06.04.2025 von https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/noncommunicable-diseases. 6GBD 2019 Diseases and Injuries Collaborators (2020). Global burden of 369 diseases and injuries in 204 countries and territories, 1990-2019: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2019. Lancet (London, England)396(10258), 1204–1222. https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)30925-9., würde ein striktes Festhalten an diesem Ideal bedeuten, dass ein Großteil der Menschen per Definition „ungesund“ wäre, auch wenn sie sich subjektiv wohl fühlen. Die WHO selbst hat ihre Definition jedoch nie offiziell revidiert und hält weiterhin an ihr fest – wohl wissend, dass sie in erster Linie als übergreifendes Leitbild und nicht als messbares Kriterium zu verstehen ist. Die Diskussion um eine adäquatere, dynamischere Definition von Gesundheit hat in der Folge zur Entwicklung alternativer Konzepte geführt, auf die im nächsten Abschnitt eingegangen wird.

Dimensionen von Gesundheit

Gesundheit Dimensionen
Gesundheit entsteht im Zusammenspiel verschiedener Dimensionen (© figurbetont)

Gesundheit wird heute als multidimensionales Konzept verstanden. Klassischerweise werden mehrere Dimensionen unterschieden, die zusammen das Gesamtbild der Gesundheit einer Person ergeben. Diese Dimensionen – körperlich, psychisch und sozial – sind bereits in der Definition der WHO angelegt. Neuere Ansätze beziehen zum Teil auch spirituelle und ökologische Aspekte mit ein. Im Folgenden werden die wichtigsten Gesundheitsdimensionen und ihre Bedeutung dargestellt.

Werbung
DocMorris

Sie umfasst den Zustand und die Funktionsfähigkeit des Körpers. Dazu gehören z. B. ein gesundes Herz-Kreislauf-System, ein starkes Immunsystem, normale Organfunktionen und das Fehlen von Schmerzen oder Einschränkungen. Körperliche Gesundheit wird durch Bewegung, ausgewogene Ernährung und medizinische Vorsorge gefördert. Studien zeigen beispielsweise, dass regelmäßige körperliche Aktivität das Erkrankungsrisiko deutlich senkt – Bewegungsmangel hingegen ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für nichtübertragbare Krankheiten und vorzeitigen Tod. So stuft die WHO körperliche Inaktivität als weltweit vierthäufigste Todesursache ein7World Health Organization (‎2025)‎. Noncommunicable diseases – Physical inactivity. World Health Organization (WHO). Abgerufen am 09.04.2025 von https://www.emro.who.int/noncommunicable-diseases/causes/physical-inactivity.html.. Umgekehrt trägt ausreichende körperliche Aktivität zur Gewichtskontrolle, zur Stärkung des Herzens und zur Verbesserung der Immunabwehr bei.

Die psychische Gesundheit bezieht sich auf das psychische Wohlbefinden und die Fähigkeit, emotionale und geistige Herausforderungen zu bewältigen. Psychische Gesundheit ist mehr als die Abwesenheit psychischer Störungen; die WHO definiert sie als einen Zustand des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre eigenen Fähigkeiten erkennt, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zur Gemeinschaft leisten kann8World Health Organization (‎2025)‎. Health and Well-Being. World Health Organization (WHO) Abgerufen am 09.04.2025 von https://www.who.int/data/gho/data/major-themes/health-and-well-being.. Dabei spielen Faktoren wie Selbstwertgefühl, Widerstandsfähigkeit, Lebenszufriedenheit und das Fehlen von chronischem Stress oder schweren psychischen Erkrankungen eine Rolle. Psychische und körperliche Gesundheit beeinflussen sich gegenseitig: Anhaltender Stress oder Depressionen können sich negativ auf den Körper auswirken, chronische körperliche Erkrankungen die Psyche belasten. Weltweit rückt die psychische Gesundheit immer mehr in den Fokus – laut WHO lebten 2019 bereits rund 970 Millionen Menschen (etwa jeder achte) mit einer psychischen Störung, wobei Angststörungen und Depressionen am häufigsten sind9World Health Organization (‎2022)‎. Mental disorders. World Health Organization (WHO). Abgerufen am 09.04.2025 von https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/mental-disorders..

Dieser Aspekt umfasst die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen und die soziale Eingebundenheit einer Person. Soziale Gesundheit äußert sich in erfüllenden Kontakten zu Familie, Freunden, Kollegen und der Gemeinschaft, in der Fähigkeit, soziale Rollen auszufüllen, und im Zugang zu sozialer Unterstützung. Menschen mit einem stabilen sozialen Netz haben nachweislich bessere Gesundheitschancen: Eine große Meta-Analyse hat gezeigt, dass fehlende soziale Bindungen genauso schädlich für die Gesundheit sein können wie das Rauchen von 15 Zigaretten am Tag und die Sterblichkeit um ein Vielfaches erhöhen10Holt-Lunstad, J., Robles, T. F., & Sbarra, D. A. (2017). Advancing social connection as a public health priority in the United States. The American psychologist72(6), 517–530. https://doi.org/10.1037/amp0000103. 11Holt-Lunstad, J., Smith, T. B., & Layton, J. B. (2010). Social relationships and mortality risk: a meta-analytic review. PLoS medicine7(7), e1000316. https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1000316.. Umgekehrt senkte ein dichtes soziales Netz in der Studie die Sterblichkeit um 50 %. Soziale Isolation hingegen begünstigt Einsamkeit, psychische Erkrankungen und sogar körperliche Risiken. Eine gute soziale Gesundheit – also eingebunden zu sein und sich unterstützt zu fühlen – ist daher eine wichtige Säule des subjektiven Wohlbefindens und wirkt als Puffer gegen Stress.

Damit ist nicht unbedingt Religiosität gemeint, sondern eher der Aspekt der Sinnfindung, der Werteorientierung und des inneren Friedens. Spirituelle Gesundheit bedeutet, ein Gefühl von Sinn und Bedeutung im Leben zu haben und sich mit etwas „Größerem“ verbunden zu fühlen – sei es durch Religion, Philosophie oder persönliche Überzeugungen. Diese Dimension wird in westlichen Gesundheitssystemen manchmal vernachlässigt, ist aber international von großer Bedeutung. So wurde in den 1980er Jahren in Gremien der WHO diskutiert, die spirituelle Dimension explizit in den Gesundheitsbegriff aufzunehmen. Ein Beispiel ist die Amman-Erklärung von 1996 im östlichen Mittelmeerraum, die Spiritualität als vierte Dimension von Gesundheit betont12Peng-Keller, S., Winiger, F., & Rauch, R. (2022). The spirit of global health: The World Health Organization and the „spiritual dimension“ of health, 1946–2021. Oxford University Press. https://doi.org/10.1093/oso/9780192865502.001.0001.. Spirituelle Gesundheit kann das subjektive Wohlbefinden stärken, Resilienz fördern und helfen, auch in schwierigen Lebenssituationen Hoffnung zu schöpfen. Sie bleibt jedoch stark individuell geprägt und wird kulturell unterschiedlich definiert.

Diese Dimension berücksichtigt, dass die Gesundheit des Menschen untrennbar mit seiner Umwelt verbunden ist. Sauberes Trinkwasser, gute Luftqualität, gesunde Ernährung, eine intakte Natur und ein stabiler Lebensraum sind Grundvoraussetzungen für Gesundheit. Umweltfaktoren wie Luftverschmutzung oder verunreinigtes Wasser verursachen viele Krankheiten – die WHO schätzt, dass weltweit jährlich rund 13 Millionen Todesfälle (etwa ein Viertel aller Todesfälle) auf vermeidbare Umweltursachen zurückzuführen sind13World Health Organization (‎2025)‎. Public health and environment. World Health Organization (WHO). Abgerufen am 09.04.2025 von https://www.who.int/data/gho/data/themes/public-health-and-environment..

Auch der Klimawandel und extreme Wetterereignisse beeinflussen die Gesundheit direkt (z. B. durch Hitzewellen, Naturkatastrophen) und indirekt (Ausbreitung von Infektionskrankheiten, Beeinträchtigung der Nahrungsmittelproduktion). In jüngster Zeit hat sich aus dieser Erkenntnis das Konzept der Planetaren Gesundheit entwickelt, das die Gesundheit von Mensch und Erde zusammen denkt14Mago, A., Dhali, A., Kumar, H., Maity, R., & Kumar, B. (2024). Planetary health and its relevance in the modern era: A topical review. SAGE open medicine12, 20503121241254231. https://doi.org/10.1177/20503121241254231.. Ökologische Gesundheit bedeutet demnach, in einer gesundheitsförderlichen Umwelt zu leben – dazu gehören eine schadstoffarme Umwelt, ausreichend Grünflächen, sichere Wohnverhältnisse und ein nachhaltig schonender Umgang mit Ressourcen.


Alle diese Dimensionen sind miteinander verknüpft. Gesundheit ist also ein dynamisches Gleichgewicht, das nur dann besteht, wenn körperliche Funktionen, seelisches Befinden, soziale Teilhabe und äußere Lebensbedingungen in einem günstigen Verhältnis zueinander stehen. Gerät eine Dimension aus dem Gleichgewicht, kann dies die anderen beeinträchtigen – so kann z. B. Arbeitslosigkeit (soziale Dimension) zu psychischen Belastungen und schließlich zu körperlichen Symptomen führen. Umgekehrt kann sich die Stärkung einer Dimension positiv auf die anderen auswirken. Dieses ganzheitliche Verständnis bildet die Grundlage moderner Gesundheitsmodelle.

Verschiedene Definitionen von Gesundheit im Vergleich

Angesichts der komplexen Natur von Gesundheit haben verschiedene Experten und Institutionen versucht, eigene Definitionen zu formulieren – oft als Reaktion auf die sehr hohe Messlatte der WHO-Definition. Norman Sartorius, ehemaliger Psychiater der WHO, beschrieb 2006 drei parallel verwendete Definitionen von Gesundheit, die das Spektrum verdeutlichen15Sartorius N. (2006). The meanings of health and its promotion. Croatian medical journal47(4), 662–664..

Werbung
Gymondo Präventionskurse

Diese traditionelle Definition erklärt jemanden als gesund, solange keine diagnostizierbare Krankheit vorliegt. Gesundheit wird hier rein negativ als Abwesenheit von Krankheit verstanden. Diese Sichtweise liegt dem klassischen medizinischen Modell zugrunde – gesund ist, wer keinen ärztlichen Befund hat, der das Gegenteil besagt. Dieses enge Verständnis vernachlässigt jedoch, wie sich eine Person fühlt oder wie sie funktioniert: Jemand kann objektiv gesund sein und sich dennoch unwohl oder eingeschränkt.

Eine zweite Definition sieht Gesundheit als einen Zustand, der es einer Person erlaubt, den normalen Anforderungen des täglichen Lebens gerecht zu werden. Hier schwingt bereits ein funktionaler Gedanke mit: Gesund ist, wer im Alltag „funktioniert“ und seine Rollen erfüllen kann – implizit auch ohne schwerwiegende Erkrankung. Diese Sichtweise berücksichtigt die Leistungs- und Anpassungsfähigkeit des Individuums. Aber auch hier bleibt die Perspektive begrenzt, da sie sich vor allem auf das äußere Funktionieren und weniger auf die innere Lebensqualität konzentriert.

Die dritte Definition beschreibt Gesundheit als ein dynamisches Gleichgewicht – eine Balance innerhalb des Individuums sowie zwischen Mensch und Umwelt. Gesundheit wird demnach als ein Prozess verstanden, in dem eine Person mit sich selbst (Körper und Psyche) und mit ihrer sozialen und physischen Umwelt in Harmonie ist. Diese Definition rückt von einem starren Idealzustand ab und betont stattdessen Anpassungsfähigkeit und Harmonie. Auch mit bestehenden Erkrankungen oder Beeinträchtigungen kann man demnach gesund sein, wenn es gelingt, ein relatives Gleichgewicht herzustellen und ein erfülltes Leben zu führen.


Moderne Konzepte knüpfen an die beiden letztgenannten Definitionen an und betonen das subjektive Wohlbefinden und die funktionale Gesundheit. So wird zunehmend anerkannt, dass Gesundheit subjektiv empfunden wird – eine Person mit Diabetes, die ihre Krankheit gut im Griff hat, kann sich durchaus gesund fühlen, während sich eine Person ohne diagnostizierbare Krankheit aufgrund von Stress oder Erschöpfung ungesund fühlen kann. Gesundheit ist also nicht binär („gesund“ vs. „krank“), sondern ein Spektrum mit fließenden Übergängen.

Werbung
Laudius Kurse

Gesundheit neu definiert: Teilhabe statt Ideal

Vor diesem Hintergrund hat die Sozialmedizin den Begriff der relativen Gesundheit geprägt: Er beschreibt einen Zustand teilweisen Wohlbefindens trotz gesundheitlicher Einschränkungen, der eine weitgehende Teilhabe am Leben ermöglicht. In der Rehabilitation und Pflege spricht man von funktionaler Gesundheit, definiert als die Fähigkeit eines Menschen, trotz Krankheit oder Behinderung die eigenen körperlichen und geistigen Funktionen im Alltag auszuüben und am sozialen Leben teilzunehmen. Die International Classification of Functioning (ICF) der WHO (2001) basiert auf diesem Ansatz. Danach gilt ein Mensch als „funktional gesund“, wenn er im Kontext seiner Lebensumstände das tun kann, was für ihn wichtig ist – auch wenn medizinische Diagnosen vorliegen.

Gesundheit neu gedacht: Resilienz und Lebensqualität

Auch in der Wissenschaft wurden neue Definitionen von Gesundheit vorgeschlagen, die die WHO-Definition ergänzen oder ersetzen sollen. So kritisierten Huber et al. 2011 den WHO-Ansatz als veraltet und formulierten Gesundheit stattdessen als die „Fähigkeit zur Anpassung und Selbststeuerung angesichts sozialer, physischer und emotionaler Herausforderungen“ („the ability to adapt and to self-manage in the face of social, physical, and emotional challenges“)16Huber, M., Knottnerus, J. A., Green, L., van der Horst, H., Jadad, A. R., Kromhout, D., Leonard, B., Lorig, K., Loureiro, M. I., van der Meer, J. W., Schnabel, P., Smith, R., van Weel, C., & Smid, H. (2011). How should we define health?. BMJ (Clinical research ed.)343, d4163. https://doi.org/10.1136/bmj.d4163.. Diese dynamische Definition trägt der Tatsache Rechnung, dass Menschen mit chronischen Krankheiten oft lernen, sich anzupassen und ein gutes Leben zu führen – und daher in einem funktionalen Sinne als gesund betrachtet werden können.

Werbung
Clav Zink

Ein ähnlicher Vorschlag aus jüngerer Zeit ist die Definition von Gesundheit als „unimpaired flourishing“, d. h. die Entfaltung und Verwirklichung des eigenen Potenzials ohne unzumutbare Hindernisse durch Krankheit oder Gebrechen17Misselbrook D. (2014). W is for wellbeing and the WHO definition of health. The British journal of general practice : the journal of the Royal College of General Practitioners64(628), 582. https://doi.org/10.3399/bjgp14X682381.. Solche Konzepte verlagern den Fokus weg vom unerreichbaren Ideal der Perfektion hin zur Lebensqualität, Anpassungsfähigkeit und Widerstandskraft (Resilienz) eines Menschen.

Die WHO-Definition dient nach wie vor als visionäres Leitbild, das in der Praxis aber durch flexiblere Konzepte ergänzt wird. Subjektives Wohlbefinden, d. h. wie gesund sich eine Person fühlt, und funktionale Balance, d. h. wie gut sich eine Person trotz Problemen im Leben zurechtfindet, gelten heute als zentrale Merkmale von Gesundheit. Diese Sichtweise prägt auch moderne Strategien der Gesundheitsförderung.

Gesundheitsförderung: Ottawa-Charta und moderne Konzepte

Ottawa-Charta
Ein Meilenstein der internationalen Gesundheitsförderung – erstmals ganzheitlich gedacht (© figurbetont)

Mit dem erweiterten Gesundheitsbegriff geht ein Paradigmenwechsel einher: von der rein kurativen Medizin zur Gesundheitsförderung und Prävention. Gesundheitsförderung (Health Promotion) will Menschen dabei unterstützen, ihre Gesundheit aktiv zu erhalten und zu verbessern – im Gegensatz zur reinen Behandlung von Krankheiten. Ein Schlüsselereignis für dieses Konzept war die Verabschiedung der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung durch die WHO im Jahr 198618Weltgesundheitsorganisation. Regionalbüro für Europa. (‎1986)‎. Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung, 1986. Weltgesundheitsorganisation. Regionalbüro für Europa. Abgerufen am 06.04.2025 von https://iris.who.int/handle/10665/349654..

Definition von Gesundheitsförderung

Die Ottawa-Charta definiert Gesundheitsförderung als

[…] Prozess, der allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit ermöglicht und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit befähigt.

Im Kern geht es also um Empowerment: Menschen sollen Fähigkeiten und Möglichkeiten entwickeln, selbst Einfluss auf die Faktoren zu nehmen, die ihre Gesundheit bestimmen. Diese Definition markiert den Übergang von einer paternalistischen Gesundheitsfürsorge zu einem partizipativen Ansatz, bei dem Individuen und Gemeinschaften befähigt werden, ihre Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen.

Werbung
Gymondo Vielsitzer

Abgrenzung zur Prävention

Während Prävention darauf abzielt, Krankheiten zu vermeiden oder ihren Ausbruch zu verzögern (z. B. durch Impfungen, Früherkennungsuntersuchungen oder Risikoaufklärung), setzt Gesundheitsförderung breiter an. Nach dem Robert Koch-Institut (RKI) umfasst Prävention „alle Aktivitäten, die Krankheiten vermeiden, verzögern oder weniger wahrscheinlich machen“, während Gesundheitsförderung „darauf abzielt, Ressourcen für die Gesunderhaltung zu stärken“19Robert Koch-Institut (‎2023)‎. Prävention und Gesundheitsförderung sind das Motto beim Tag des Gesundheitsamtes 2023. Robert Koch-Institut (RKI). Abgerufen am 06.04.2025 von https://www.rki.de/DE/Aktuelles/Neuigkeiten-und-Presse/Pressemitteilungen/2023/03_2023.html.. Es geht also weniger um spezifische Krankheitsrisiken, sondern um die Stärkung von gesundheitlichen Schutzfaktoren und Potenzialen – sowohl auf individueller Ebene (z. B. Gesundheitswissen, Lebenskompetenzen) als auch auf der Ebene von Umwelt und Gesellschaft.

Kernelemente der Ottawa-Charta

Die Ottawa-Charta (1986) benennt fünf zentrale Handlungsfelder der Gesundheitsförderung:

  1. Entwicklung einer gesundheitsförderlichen Gesamtpolitik;
  2. Schaffung förderlicher Lebenswelten (Settings);
  3. Stärkung gesundheitsbezogener Gemeinschaftsaktionen;
  4. Entwicklung persönlicher Kompetenzen und
  5. Neuorientierung der Gesundheitsdienste.

Dahinter steht die Erkenntnis, dass Gesundheit wesentlich von den Lebensbedingungen beeinflusst wird. Die Charta betont, dass die Verantwortung für Gesundheit nicht nur im Gesundheitssektor, sondern in allen Politikbereichen liegt („Health in All Policies“). So müssen z. B. Bildungs-, Sozial-, Umwelt- und Wirtschaftspolitik gesundheitsförderliche Rahmenbedingungen schaffen (z. B. durch Sozialprogramme, Arbeitsschutz, Umweltauflagen, Stadtplanung mit Grünflächen etc.) Ein oft zitiertes Motto der Ottawa-Charta lautet: „Make the healthier choice the easier choice“ – die gesündere Wahl soll die leichtere sein. Dieses Prinzip zielt darauf ab, strukturelle Barrieren abzubauen: Gesundes Verhalten soll nicht das schwierigere, sondern das naheliegende und gut unterstützte Verhalten sein.

Präventive vs. salutogenetische Sichtweise

Die Ottawa-Charta markierte auch die Abkehr von einer rein defizitorientierten Sichtweise (Vermeidung von Risikofaktoren) hin zu einer Ressourcenorientierung. Der israelische Medizinsoziologe Aaron Antonovsky prägte in diesem Zusammenhang den Begriff der Salutogenese (Entstehung von Gesundheit). Statt zu fragen „Was macht krank?“ fragt die salutogene Perspektive „Was hält Menschen gesund?“. Faktoren wie ein starkes Kohärenzgefühl (Gefühl der Sinnhaftigkeit, Verstehbarkeit und Handhabbarkeit des Lebens), soziale Unterstützung, Selbstwirksamkeit und eine positive Lebensgestaltung rücken in den Mittelpunkt. Gesundheitsförderung nach Ottawa versucht, solche gesundheitsförderlichen Faktoren gezielt zu stärken.

Werbung
Nutri+ Shop

Aktuelle Konzepte und Entwicklungen

Seit Ottawa 1986 hat die Gesundheitsförderung weitere wichtige Impulse erhalten. Spätere WHO-Konferenzen wie Adelaide 1988 (Gesundheit in allen Politikbereichen), Jakarta 1997, Bangkok 2005 und Shanghai 2016 haben das Konzept der Gesundheitsförderung an neue Herausforderungen angepasst. In Deutschland wurde mit dem Präventionsgesetz 2015 die kommunale Gesundheitsförderung gestärkt20Bundesministerium für Gesundheit (‎2025)‎. Präventionsgesetz. Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Abgerufen am 09.04.2025 von https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/p/praeventionsgesetz.html.. Gesundheitsförderung setzt heute verstärkt auf Setting-Ansätze, d. h. auf Lebenswelten wie Schulen, Betriebe, Kommunen, in denen gesundheitsfördernde Maßnahmen alle dort lebenden oder arbeitenden Menschen erreichen. Beispiele sind rauchfreie Schulen, Bewegungsangebote am Arbeitsplatz oder Gemeindezentren für Senioren. Darüber hinaus rückt die Förderung der Gesundheitskompetenz (Health Literacy) in den Vordergrund: Menschen sollen in die Lage versetzt werden, Gesundheitsinformationen zu verstehen und informierte Entscheidungen zu treffen21Coughlin, S. S., Vernon, M., Hatzigeorgiou, C., & George, V. (2020). Health Literacy, Social Determinants of Health, and Disease Prevention and Control. Journal of environment and health sciences6(1), 3061..

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Bekämpfung gesundheitlicher Ungleichheiten. Gesundheitschancen sind ungleich verteilt – sozial benachteiligte Gruppen sind beispielsweise häufiger von Krankheiten betroffen und erreichen eine geringere Lebenserwartung. Gesundheitsförderung versucht dem entgegenzuwirken, z. B. durch Programme zur gesundheitlichen Chancengleichheit, die sich gezielt an vulnerable Bevölkerungsgruppen richten. Auch das RKI und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) veröffentlichen regelmäßig Berichte und Empfehlungen zur Prävention und Gesundheitsförderung, die sich an den Leitlinien der WHO orientieren.

Gesundheitsförderung bedeutet, proaktiv für Gesundheit zu sorgen, anstatt nur auf Krankheit zu reagieren. Sie verbindet individuelle Verhaltensänderungen (z.B. gesündere Ernährung, Stressabbau) mit Verhältnisänderungen (z. B. Zugang zu gesunden Lebensmitteln, sichere Spielplätze, saubere Luft). Damit soll Gesundheit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verankert werden – ganz im Sinne der Ottawa-Charta, die Gesundheit als integralen Bestandteil des Alltags und als Gemeingut versteht.

Tipps für einen gesunden Lebensstil

Gesundheitsförderung
Gesund leben heißt auch: Beziehungen pflegen, Freude teilen, füreinander da sein (© Nathan Anderson / Unsplash)

Gesundheit aktiv zu fördern ist nicht nur Aufgabe der Politik und des Gesundheitswesens – jeder Einzelne kann im Alltag viel für sein Wohlbefinden tun. Im Folgenden finden Sie einige praktische Tipps, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Die Tipps beziehen sich auf Bereiche, die in Studien immer wieder als entscheidend für die Gesundheit identifiziert wurden.

Werbung
Laudius Kurse

Körperliche Aktivität stärkt Herz, Kreislauf, Muskeln und Immunsystem und beugt vielen Krankheiten vor. Experten empfehlen, sich mindestens 150 Minuten pro Woche mit moderater Intensität (z. B. zügiges Gehen) oder 75 Minuten mit höherer Intensität zu bewegen22World Health Organization (‎2020)‎. WHO guidelines on physical activity and sedentary behaviour. Geneva: World Health Organization (WHO). Licence: CC BY-NC-SA 3.0 IGO. Abgerufen am 09.04.2025 von https://www.who.int/publications/i/item/9789240015128.. Auch Alltagsaktivitäten wie Treppensteigen oder Radfahren helfen. Wichtig ist, etwas zu finden, das Spaß macht – ob Spazierengehen, Tanzen, Schwimmen oder Vereinssport. Schon moderat mehr Bewegung im Alltag kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und bestimmte Krebsarten senken23Garcia, L., Pearce, M., Abbas, A., Mok, A., Strain, T., Ali, S., Crippa, A., Dempsey, P. C., Golubic, R., Kelly, P., Laird, Y., McNamara, E., Moore, S., de Sa, T. H., Smith, A. D., Wijndaele, K., Woodcock, J., & Brage, S. (2023). Non-occupational physical activity and risk of cardiovascular disease, cancer and mortality outcomes: a dose-response meta-analysis of large prospective studies. British journal of sports medicine57(15), 979–989. https://doi.org/10.1136/bjsports-2022-105669. 24Anderson, E., & Durstine, J. L. (2019). Physical activity, exercise, and chronic diseases: A brief review. Sports medicine and health science1(1), 3–10. https://doi.org/10.1016/j.smhs.2019.08.006.. Umgekehrt erhöht Bewegungsmangel das Erkrankungsrisiko deutlich25Booth, F. W., Roberts, C. K., & Laye, M. J. (2012). Lack of exercise is a major cause of chronic diseases. Comprehensive Physiology2(2), 1143–1211. https://doi.org/10.1002/cphy.c110025. 26World Health Organization (‎2024)‎. Nearly 1.8 billion adults at risk of disease from not doing enough physical activity. World Health Organization (WHO). Abgerufen am 09.04.2025 von https://www.who.int/news/item/26-06-2024-nearly-1.8-billion-adults-at-risk-of-disease-from-not-doing-enough-physical-activity.. Deshalb: So viel wie möglich bewegen, am besten täglich.

Körperliche Aktivität stärkt Herz, Kreislauf, Muskeln und Immunsystem und Eine gesunde Ernährung versorgt den Körper mit allen notwendigen Nährstoffen und trägt wesentlich zum Wohlbefinden bei. Als Faustregel gilt: viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukte; mäßig tierische Produkte; wenig Zucker, Salz und stark verarbeitete Lebensmittel. Die WHO empfiehlt, täglich mindestens 5 Portionen Obst und Gemüse (zusammen ca. 400 g) zu verzehren, da dies das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall und bestimmte Krebsarten senkt27World Health Organization (‎2020)‎. Healthy diet. World Health Organization (WHO). Abgerufen am 09.04.2025 von https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/healthy-diet.. Reichlich ungesüßte Getränke (vor allem Wasser) gehören ebenfalls dazu. Eine ausgewogene Ernährung hält das Gewicht in Grenzen, versorgt das Gehirn mit Energie und kann Stimmungsschwankungen vorbeugen. Wer sich unsicher ist, kann sich an offiziellen Ernährungspyramiden oder Ernährungskreisen orientieren. Grundsätzlich gilt: Abwechslung und Frische sind die Schlüssel zur Ernährungsgesundheit.

Chronischer Stress kann Körper und Psyche stark belasten – er erhöht z. B. Blutdruck und Entzündungsneigung und kann zu Erschöpfung oder Burnout führen. Deshalb ist es wichtig, im Alltag Gewohnheiten zu pflegen, die Stress abbauen. Jeder Mensch entspannt sich anders: Die einen durch Sport oder Spaziergänge in der Natur, andere durch Meditation, Yoga, Atemübungen oder ein kreatives Hobby. Auch regelmäßige Pausen, Entspannungstechniken und ausreichend Freizeit gehören dazu. Wer bewusst auf sein seelisches Gleichgewicht achtet, fördert nachweislich seine Gesundheit. Studien zeigen, dass Menschen mit hohem Stresslevel häufiger an Infektionen und Herzerkrankungen leiden28Vancheri, F., Longo, G., Vancheri, E., & Henein, M. Y. (2022). Mental Stress and Cardiovascular Health-Part I. Journal of clinical medicine11(12), 3353. https://doi.org/10.3390/jcm11123353. 29Henein, M. Y., Vancheri, S., Longo, G., & Vancheri, F. (2022). The Impact of Mental Stress on Cardiovascular Health-Part II. Journal of clinical medicine11(15), 4405. https://doi.org/10.3390/jcm11154405.. Deshalb: Gönne dir täglich kleine Auszeiten, setze Prioritäten und nehme ggf. professionelle Hilfe zur Stressbewältigung oder bei psychischen Problemen in Anspruch. Ein ausgeglichener Geist wirkt sich positiv auf den ganzen Körper aus.

Freundschaften, Familie und Gemeinschaft geben Halt und verbessern nachweislich die Gesundheit. Sich Zeit für soziale Beziehungen zu nehmen – sei es durch Treffen, Telefonate oder gemeinsame Aktivitäten – wirkt Einsamkeit entgegen und steigert das seelische Wohlbefinden. So haben Studien gezeigt, dass Menschen mit intensiven sozialen Kontakten im Durchschnitt länger leben30Yang, Y. C., Boen, C., Gerken, K., Li, T., Schorpp, K., & Harris, K. M. (2016). Social relationships and physiological determinants of longevity across the human life span. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America113(3), 578–583. https://doi.org/10.1073/pnas.1511085112.. Soziale Unterstützung kann in Krisenzeiten Stress puffern, bei Krankheit zur schnelleren Genesung beitragen und generell für mehr Lebensfreude sorgen. Es lohnt sich also, aktiv in Beziehungen zu investieren: Pflege deine Freundschaften, lerne neue Menschen kennen (z. B. in Vereinen oder Ehrenämtern) und suche bei Bedarf den Austausch in Selbsthilfegruppen oder Beratungsstellen. Auch kleine Gesten wie Nachbarschaftshilfe oder das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gemeinschaft können die Gesundheit fördern. Kurz: Gemeinsam statt einsam – das tut Körper und Seele gut.

Gesunder Schlaf ist die Grundlage für Regeneration und Leistungsfähigkeit. Erwachsene brauchen durchschnittlich 7 bis 8 Stunden Schlaf pro Nacht, Jugendliche und Kinder entsprechend mehr. Im Schlaf erholt sich das Gehirn, Hormone werden reguliert und das Immunsystem gestärkt. Dauerhafter Schlafmangel hingegen beeinträchtigt Konzentration, Stimmung und Stoffwechsel und kann das Risiko für schwere Erkrankungen erhöhen. So verdoppelt sich bei Menschen, die langfristig nur etwa fünf Stunden oder weniger pro Nacht schlafen, die Wahrscheinlichkeit, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden – ein Effekt, der mit dem von Rauchen oder Diabetes vergleichbar ist31Nagai, M., Hoshide, S., & Kario, K. (2010). Sleep duration as a risk factor for cardiovascular disease- a review of the recent literature. Current cardiology reviews6(1), 54–61. https://doi.org/10.2174/157340310790231635..

Guter Schlaf will gepflegt sein: Ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus, eine ruhige, dunkle Schlafumgebung, abendliche Entspannung (z. B. Lesen, Tee) und der Verzicht auf Koffein oder spätabendlichen Bildschirmgebrauch können die Schlafqualität verbessern. Wenn Ein- oder Durchschlafstörungen chronisch werden, sollte ärztlicher Rat eingeholt werden. Denn ausreichend Schlaf ist kein Luxus, sondern lebensnotwendig für Körper und Geist.


Diese fünf Bereiche – Bewegung, Ernährung, Stressbewältigung, soziale Kontakte und Schlaf – sind grundlegend für die Gesundheit. Wer sie im Alltag beherzigt, „fördert maßgeblich seine Gesundheit“32Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (‎2025)‎. Ernährung – Bewegung – Entspannung. Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG). Abgerufen am 06.04.2025 von https://www.bioeg.de/was-wir-tun/ernaehrung-bewegung-entspannung/.. Natürlich gehören auch andere Faktoren dazu (z. B. Nichtrauchen, verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol, regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen), aber oft verbessern sie sich quasi „automatisch“, wenn man einen insgesamt gesundheitsbewussten Lebensstil pflegt. Wichtig ist, sich realistische Ziele zu setzen und Gewohnheiten schrittweise zu ändern, statt sich zu überfordern. Kleine Veränderungen – wie ein kurzer Spaziergang am Abend, eine Portion Obst am Tag oder feste Entspannungsrituale – können mit der Zeit große Wirkung entfalten. Gesundheitsförderung beginnt im Kleinen und liegt zu einem großen Teil in der eigenen Hand.

Aktuelle Herausforderungen und Entwicklungen

Die Definition und Förderung von Gesundheit steht im 21. Jahrhundert vor neuen Herausforderungen. Gesellschaftlicher Wandel, technologischer Fortschritt und globale Krisen beeinflussen, was Gesundheit bedeutet und wie wir sie schützen können. Hier einige der wichtigsten aktuellen Entwicklungen.

Werbung
DocMorris

Die fortschreitende Digitalisierung bietet enorme Chancen für die Gesundheit – von elektronischen Patientenakten über Telemedizin bis hin zu Gesundheits-Apps und Wearables, die Fitness und Vitalwerte überwachen. Digitale Technologien können den Zugang zu Gesundheitsleistungen verbessern (z. B. telemedizinische Beratung in ländlichen Regionen) und Patienten in die Lage versetzen, informierte Entscheidungen zu treffen. Insbesondere die COVID-19-Pandemie hat einen Schub bei der Nutzung von Videosprechstunden und Gesundheits-Apps ausgelöst.

Die Digitalisierung bringt aber auch Herausforderungen mit sich: Datenschutz und Datensicherheit müssen gewährleistet sein und nicht alle Bevölkerungsgruppen haben gleichermaßen Zugang zu oder Kompetenz im Umgang mit digitalen Angeboten (Stichwort: Digital Divide). Zudem ersetzen technische Lösungen nicht die menschliche Zuwendung – die Kunst wird darin bestehen, High-Tech mit High-Touch zu verbinden. Insgesamt wird E-Health als integraler Bestandteil der Gesundheitsversorgung gesehen, den es ethisch und inklusiv zu gestalten gilt33U.S. Food and Drug Administration (‎2020)‎. What is Digital Health?. U.S. Food and Drug Administration (FDA). Abgerufen am 09.04.2025 von https://www.fda.gov/medical-devices/digital-health-center-excellence/what-digital-health. 34Bundesministerium für Gesundheit (‎2020)‎. Digitale Gesundheit 2025. Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Abgerufen am 09.04.2025 von https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit/Broschueren/BMG_Digitale_Gesundheit_2025_Broschuere_barr.pdf.. Die WHO betont, dass digitale Gesundheit allen Menschen auf sichere, geschützte und gerechte Weise zugutekommen muss35World Health Organization (‎2021)‎. Global strategy on digital Health 2020-2025. World Health Organization (WHO). Abgerufen am 06.04.2025 von https://www.who.int/publications/i/item/9789240020924..

Psychische Erkrankungen und Belastungen nehmen in der modernen Gesellschaft zu. Leistungsdruck in Schule und Beruf, ständige Erreichbarkeit (Smartphone, Social Media), wirtschaftliche Unsicherheit und die Pandemie haben bei vielen Menschen Stress, Ängste oder Depressionen verstärkt. Schätzungen zufolge erlebt etwa die Hälfte aller Menschen mindestens einmal im Leben eine psychische Krise oder Erkrankung36McGrath, J. J., Al-Hamzawi, A., Alonso, J., Altwaijri, Y., Andrade, L. H., Bromet, E. J., Bruffaerts, R., de Almeida, J. M. C., Chardoul, S., Chiu, W. T., Degenhardt, L., Demler, O. V., Ferry, F., Gureje, O., Haro, J. M., Karam, E. G., Karam, G., Khaled, S. M., Kovess-Masfety, V., Magno, M., … WHO World Mental Health Survey Collaborators (2023). Age of onset and cumulative risk of mental disorders: a cross-national analysis of population surveys from 29 countries. The lancet. Psychiatry10(9), 668–681. https://doi.org/10.1016/S2215-0366(23)00193-1.. Die Entstigmatisierung psychischer Probleme und der Ausbau niedrigschwelliger Hilfsangebote sind daher zentrale Aufgaben.

Unternehmen investieren verstärkt in betriebliche Gesundheitsförderung und Stressprävention, Krankenkassen fördern Achtsamkeits- und Resilienzprogramme. Gleichzeitig rückt die psychische Gesundheit stärker ins öffentliche Bewusstsein – Kampagnen klären über Depressionen, Angststörungen und Burnout auf, Prominente teilen ihre Erfahrungen, Begriffe wie Selbstfürsorge etablieren sich. Die Herausforderung besteht darin, mit dem raschen Wandel der Lebensstile (Digitalisierung, Informationsflut) Schritt zu halten und Schutzfaktoren für die Psyche zu stärken. Psychische Gesundheit ist auch bei Kindern und Jugendlichen ein Thema, da bereits junge Menschen mit Leistungsdruck und digitalen Medien umgehen müssen. Hier sind Schulen, Eltern und das Gesundheitssystem gefordert, präventiv tätig zu werden.

Aufgrund des demografischen Wandels (steigende Lebenserwartung, alternde Gesellschaft) und veränderter Lebensgewohnheiten nehmen chronische, nicht übertragbare Krankheiten (Non-Communicable Diseases, NCDs) weltweit zu. Dazu gehören Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, chronische Lungenerkrankungen, Krebs und chronische psychische Störungen. Nach Angaben der WHO sind NCDs inzwischen für ca. 74 % der weltweiten Todesfälle verantwortlich (in Deutschland sogar für ca. 85 %)37Bartig, S., Bug, M., Koschollek, C., Kajikhina, K., Blume, M., Siegert, M., Heidemann, C., Walther, L., Neuhauser, H., & Hövener, C. (2023). Gesundheit von Menschen mit ausgewählten Staatsangehörigkeiten in Deutschland: Prävalenzen nichtübertragbarer Erkrankungen und damit assoziierte soziale sowie migrationsbezogene Faktoren [Health of people with selected citizenships in Germany: prevalence of non-communicable diseases and associated social as well as migration-related factors]. Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz66(10), 1071–1082. https://doi.org/10.1007/s00103-023-03767-4.. Viele dieser Erkrankungen entwickeln sich schleichend über Jahre und erfordern eine langfristige Behandlung oder Betreuung.

Die Zunahme chronischer Erkrankungen stellt erhebliche Anforderungen an die Gesundheitssysteme: Es geht nicht mehr nur um Heilung, sondern zunehmend um Langzeitpflege, Rehabilitation und das Management von Multimorbidität (mehrere Krankheiten gleichzeitig). Gleichzeitig weiß man, dass ein Großteil dieser Krankheiten durch Prävention vermeidbar oder zumindest hinauszögerbar wäre – man spricht oft von Zivilisationskrankheiten, da Risikofaktoren wie ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, Rauchen und Alkohol hier eine große Rolle spielen.

Die moderne Präventionsmedizin setzt daher auf Aufklärung und Früherkennung (z. B. Bluthochdruck frühzeitig behandeln, um Folgeerkrankungen zu vermeiden). Ein weiterer Aspekt ist die Patientenselbsthilfe: Chronisch Kranke (z. B. Diabetiker) werden heute intensiv geschult, um selbst gut mit ihrer Krankheit umgehen zu können (Selbstmanagement). In Zukunft wird die Integration von Pflege und Medizin wichtiger werden, ebenso wie die Anpassung der Arbeitswelt und des Sozialsystems an eine älter werdende Bevölkerung mit chronischen Gesundheitsproblemen.

Obwohl das Wissen über gesunde Lebensweisen heute größer ist als je zuvor, stoßen präventive Ansätze im Alltag oft auf Hindernisse. Unsere Lebenswelt verführt an vielen Stellen zu ungesundem Verhalten: kalorienreiche Lebensmittel sind billig und überall verfügbar, die Arbeit ist zunehmend sitzend und zeitintensiv, Freizeit ist oft Bildschirmzeit. Die gesündere Wahl ist nicht immer die leichtere – genau das versucht die Gesundheitsförderung zu ändern (siehe Ottawa-Charta). Aktuelle Bemühungen zielen darauf ab, gesunde Lebensstile attraktiver und einfacher zu machen: z. B. durch bessere Kennzeichnung von Lebensmitteln, städtebauliche Maßnahmen für Bewegung (Radwege, Parks), Besteuerung von Tabak und zuckerhaltigen Getränken oder Kampagnen für ausreichend Schlaf und Stressmanagement.

Ein weiterer Trend ist das „Nudging“, d. h. das subtile Anstupsen zu gesundheitsförderlichem Verhalten durch geschickte Umweltgestaltung (z. B. Obst statt Süßigkeiten an der Kasse)38Beshears, J., & Kosowsky, H. (2020). Nudging: Progress to date and future directions. Organizational behavior and human decision processes161(Suppl), 3–19. https://doi.org/10.1016/j.obhdp.2020.09.001. 39Ledderer, L., Kjær, M., Madsen, E. K., Busch, J., & Fage-Butler, A. (2020). Nudging in Public Health Lifestyle Interventions: A Systematic Literature Review and Metasynthesis. Health education & behavior : the official publication of the Society for Public Health Education47(5), 749–764. https://doi.org/10.1177/1090198120931788.. Trotz all dieser Initiativen bleibt Prävention eine gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe. Insbesondere die wachsende soziale Ungleichheit beeinflusst die Präventionschancen: Menschen in Armut verfügen häufig über weniger Ressourcen, um einen gesunden Lebensstil (gesunde Ernährung, sicheres Wohnumfeld, Freizeit) zu realisieren. Hier setzen Projekte der Verhältnisprävention an, die darauf abzielen, strukturelle Benachteiligungen auszugleichen, damit alle Menschen die Chance haben, gesund zu leben.

Die Gesundheit der Menschen ist eng mit Klima und Umwelt verknüpft. Der Klimawandel führt beispielsweise zu häufigeren extremen Hitzeperioden, die zu Hitzestress und Dehydrierung führen können – ein Risiko vor allem für ältere Menschen. Er begünstigt die Ausbreitung von Infektionserregern (z. B. dringen Mücken, die Dengue-Fieber oder Malaria übertragen, in neue Gebiete vor) und gefährdet die Ernährungssicherheit durch Dürren und Überschwemmungen.

Die WHO warnt, dass der Klimawandel die größte Gesundheitsgefahr des 21. Jahrhunderts darstellt. Schon heute werden jährlich Millionen Todesfälle auf Umwelt- und Klimafaktoren zurückgeführt40World Health Organization (‎2025)‎. Public health and Environment. World Health Organization (WHO). Abgerufen am 09.04.2025 von https://www.who.int/data/gho/data/themes/public-health-and-environment.. Gleichzeitig trägt unser Gesundheitssystem selbst zum CO₂-Ausstoß bei (Krankenhäuser, Pharmaproduktion etc.). Die Klimagesundheitsbewegung setzt sich dafür ein, Gesundheitssektor und Klimaschutz zusammenzudenken – z. B. durch nachhaltige Krankenhäuser und die Vorbereitung auf klimabedingte Gesundheitskrisen.

Auch auf individueller Ebene lassen sich Gesundheits- und Umweltanliegen verbinden: Wer mehr Fahrrad statt Auto fährt, tut etwas für seine Fitness und reduziert gleichzeitig Luftschadstoffe. Wer sich regional und pflanzenbetont ernährt, lebt i. d. R. gesünder und schont Ressourcen41Gibbs, J., & Cappuccio, F. P. (2022). Plant-Based Dietary Patterns for Human and Planetary Health. Nutrients14(8), 1614. https://doi.org/10.3390/nu14081614.. Die Synergien zwischen persönlicher Gesundheit und Klimaschutz werden immer deutlicher („doppelte Dividende“).


Insgesamt zeigt sich: Die großen Themen unserer Zeit – Klimawandel, Globalisierung, Urbanisierung – haben immer auch eine Gesundheitsdimension. Globale Gesundheitsinitiativen (wie die Agenda 2030 mit dem Nachhaltigkeitsziel „Gesundheit für alle“) versuchen daher, diese Zusammenhänge aufzugreifen und sowohl Menschen als auch den Planeten gesund zu erhalten42Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (‎2023)‎. Agenda 2023 Die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (MBZ). Abgerufen am 09.04.2025 von https://www.bmz.de/de/agenda-2030..

Fazit

Gesundheit ist ein dynamisches Zusammenspiel von körperlichem Wohlbefinden, seelischer Stärke, sozialer Einbindung und einer förderlichen Umwelt. Die WHO-Definition von 1948 hat ein Ideal vorgegeben, an dem sich bis heute Diskussionen reiben – sie hat aber den Weg zu einem umfassenden Gesundheitsverständnis geebnet. Moderne Definitionen und Konzepte betonen die Fähigkeit des Einzelnen, mit den wechselnden Anforderungen des Lebens in Balance zu bleiben, und rücken die subjektive Wahrnehmung in den Mittelpunkt.

Gesundheitsförderung im Sinne der Ottawa-Charta zielt darauf ab, Menschen und ihre Lebenswelten so zu stärken, dass Gesundheit gar nicht erst verloren geht. Jeder kann durch bewusste Entscheidungen im Alltag – von der Bewegung bis zum Schlaf – sein Wohlbefinden positiv beeinflussen. Dennoch stehen wir vor großen Herausforderungen: Die digitale Revolution, der Umgang mit Stress und chronischen Krankheiten, soziale Ungleichheiten und der Klimawandel erfordern kreative Lösungen, interdisziplinäre Zusammenarbeit und nachhaltige Politiken, um Gesundheit in einem umfassenden Sinne zu erhalten. Schließlich ist Gesundheit ein kostbares Gut, das ständiger Pflege bedarf – individuell und kollektiv.

Werbung
Vitafy

Gesundheit ist kein statischer Zustand, sondern ein dynamischer Begriff, der sich mit den gesellschaftlichen, medizinischen und individuellen Entwicklungen wandeln muss. Das Konzept muss immer wieder hinterfragt und an neue Gegebenheiten angepasst werden. Nur so kommen wir dem Ziel näher, Gesundheit für alle bestmöglich zu verwirklichen.

Werbung
Gymondo Präventionskurse

Mehr zum Thema Gesundheit

Obesitas-Hypoventilationssyndrom: Harmlos oder gefährlich?

Abwehrkräfte stärken: So bringst du dein Immunsystem auf Trab!

Gewichtszunahme trotz Sport: Ursachen, Lösungen und Tipps

Antioxidantien: So profitierst du von der schützenden Wirkung

Was hilft gegen Cellulite? Schwaches Bindegewebe gezielt stärken

Orthorexie (Orthorexia nervosa): Wenn „Clean Eating“ krank macht

Werbung
Yazio Rabatt

Neueste Artikel

Anti-Aging-Ernährung: Was die Haut braucht, um gesund zu altern

Effektives Homeworkout statt Gym: 5 Online-Fitness-Alternativen

Intuitives Essen: Gesund, entspannt und ganz ohne Kalorienzählen

Beste Diät zum Abnehmen: Kalorien, Makros oder Meal-Timing?

Einfache Low Carb Gerichte: Für Frühstück, Mittag- & Abendessen

Einstieg in die Low-Carb-Ernährung: So gelingt dir der Start

Werbung
Gymondo Vielsitzer